Antisemitismus-Vorwurf: Knobloch siegt vor Gericht gegen Publizist

Ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen Charlotte Knobloch und dem Publizisten Abraham Melzer nahm am Freitag in München eine überraschende Wendung. Grund dafür waren neue Beweise gegen Melzer.
von  Christoph Elzer
Charlotte Knobloch konnte sich vor Gericht durchsetzen.
Charlotte Knobloch konnte sich vor Gericht durchsetzen. © imago, dpa

München - Im September 2016 sagte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, über den Publizisten Abraham Melzer, dass dieser "für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt" sei. Dies zu wiederholen wurde ihr Ende November per einstweiliger Verfügung verboten. Doch im Hauptsacheverfahren konnte Knobloch das Gericht nun umstimmen.

Der Einstweiligen Verfügung war eine Verhandlung vorausgegangen, bei der Knobloch nach Einschätzung des Gerichts nicht ausreichend dargelegt hatte, dass Melzer für seine Äußerungen tatsächlich "berüchtigt" sei. Zwar habe der Publizist Äußerungen getätigt, die sie als antesemitisch beurteilen durfte, wie zum Beispiel die Bezeichnung des israelischen Außenministeriums als "Blockwarte", doch ihre Aussage sei allgemeiner zu verstehen, als diese vereinzelten Äußerungen.

Im Hauptsacheverfahren legte Knobloch nun neue Beweise vor, die das Gericht umstimmten. Maßgebend hierfür war insbesondere die Teilnahme Melzers als Gastredner auf der Veranstaltung "Palestinians in Europe Conference" und seine dort gehaltene Rede.

Melzer: "'Juden ins Gas' ist verständliche Reaktion"

Der Kläger hatte in dieser Rede auf vorangegangene Demonstrationen Bezug genommen, auf denen von Demonstranten Parolen wie "Jude, Jude feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!", "Scheiß-Juden, wir kriegen euch!" und "Hamas, Hamas, Juden ins Gas" gebrüllt worden waren. In Bezug auf diese Parolen sagte Melzer in seiner Rede: "[...] Die Parolen waren aber nicht 'judenfeindlich' sondern schlimmstenfalls antiisraelisch, anti-zionistisch und ein Ausdruck von Wut, des Zorns und Verzweiflung angesichts des Massenmordes an ihren Freunden und Verwandten in Gaza. Vergessen wir nicht, das es insgesamt mehr als 2100 Tote und mehrere Tausend Verletzte gegeben hat und zigtausend Obdachlose, weil tausende von Häusern zerstört worden sind. Eine durchaus verständliche Reaktion, für die sich keiner entschuldigen muss. [...]"

Damit rechtfertigte der Kläger nach Auffassung der Kammer unter anderem den Aufruf zur Gewalt gegen Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung und brachte eine extrem feindselige Gesinnung Juden und dem jüdischen Volk gegenüber zum Ausdruck. Ein derartiges Verhalten des Klägers – so die Kammer – könne und dürfe Knobloch ohne jeden Zweifel als antisemitisch beurteilen.

Das Urteil des Landgericht München I (Aktenzeichen: 25 O 1612/17) ist noch nicht rechtskräftig.

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