Anklage: Top-Banker mit gemeinsamem Tatplan

Im Prozess der Deutsche-Bank-Manager geht es gleich am ersten Tag zur Sache. Die Staatsanwältin wirft den fünf Angeklagten einen gemeinsamen Tatplan und damit auch versuchten Prozessbetrug vor.
von  dpa/az
Die Anwälte und Angeklagten beim Prozessauftakt am Dienstag in München.
Die Anwälte und Angeklagten beim Prozessauftakt am Dienstag in München. © dpa

München - Die Angeklagten haben sich nicht viel zu sagen. Schweigend betreten Jürgen Fitschen und seine Vorgänger an der Spitze der Deutschen Bank am Dienstagmorgen den Saal B 273 des Münchner Landgerichts. Ein trister Raum mit Neonlicht, grünem Teppich, einem Wasserspender und dem Kruzifix an der Wand. Die Luft ist muffig, der Blick aus dem Fenster fällt auf dunkelgrüne Tannen im Regen. Richter Peter Noll fragt sie kurz nach ihren Personalien - und dann haben erstmal die Staatsanwälte das Wort. Sie wechseln sich ab, um ihre Stimmen beim stundenlangen Vorlesen der Anklage nicht zu überlasten.

Auf Hunderten Seiten werfen die Ankläger dem Co-Chef der Deutschen Bank, Fitschen, und seinen beiden Vorgängern Josef Ackermann, Rolf Breuer und zwei weiteren Ex-Managern vor, gemeinsam einen Tatplan verfolgt zu haben, um Richter zu täuschen und damit vor vier Jahren Schadenersatzforderungen des Medienunternehmers Leo Kirch für die Pleite seines Unternehmens abzuwehren. Das ist aus Sicht der Anklage versuchter Prozessbetrug, für den eine Strafe von mehreren Jahren Haft droht. Die Angeklagten kennen den Inhalt der Anklage seit Monaten, hören aber aufmerksam zu. Alle fünf fühlen sich zu Unrecht verfolgt und hatten die Vorwürfe schon vor dem Beginn des Verfahrens zurückgewiesen.

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In den drei Sitzreihen auf der Anklageseite sitzt Breuer ganz vorne beim Richter. Ackermann hat einen Platz in der zweiten Reihe, Fitschen ganz hinten in der dritten. Auf den weiteren 19 Stühlen der Anklagereihen sitzen der ehemalige Aufsichtsratschef Clemens Börsig und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck, Vertreter der Deutschen Bank und 15 Anwälte - ihnen gegenüber drei Staatsanwälte.

Fitschen ist als einziger der Angeklagten noch im Amt. Er wirkt ernst, liest mit, was die Ermittler ihm und seinen ehemaligen Kollegen vorwerfen: Die Staatsanwältin Christiane Serini beginnt zunächst im Stehen damit – aber Richter Peter Noll ermuntert sie, sich ruhig zu setzen, damit sie näher am Mikrofon ist – auch wenn ihr die Verlesung im Stehen mehr Würde gebe. Letztlich gehe es um die Wahl zwischen Würde und Verständlichkeit, merkt Noll an.

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Der kleine Saal ist bis auf den letzten Platz besetzt, mehrere Zuschauer werden vom Justizpersonal abgewiesen. Auch aus Sicht der Münchner Justiz ist es ein ungewöhnlicher Prozess: Zwar gab es in den Räumen des Justizzentrums in den vergangenen Jahren etliche große Wirtschaftsprozesse: Dass aber nicht nur ehemalige, sondern auch ein aktiver Vorstand der größten deutschen Bank in einem Strafprozess angeklagt sind, hebt das Verfahren heraus. "Das ist nichts, was alltäglich an deutschen Gerichten vorkommt", sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Das Verfahren wird auch von der Finanzaufsicht Bafin aufmerksam verfolgt.

Für die Deutsche Bank kommt der Prozess mitten in einer Zeit des Umbruchs: Die Abspaltung der Postbank und ein geplantes Sparprogramm mit der Schließung zahlreicher Filialen sorgen eigentlich schon für genug Schlagzeilen. Die Bilder von Co-Chef Fitschen im Gericht, der die Bank seit 2012 zusammen mit Anshu Jain führt, werden nach Ansicht des Bankenexperten Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim zu einer zusätzlichen Belastung. Die Bank leide unter diesem Prozess erheblich. "Der Schaden ist gewaltig", sagte er dem Deutschlandfunk.

Ob die Vorwürfe der Anklage tatsächlich stimmen, will Richter Noll in den kommenden Monaten gründlich aufklären. Zahlreiche Zeugen sind geladen, Termine bis Ende September schon fix ausgemacht. Fitschen und die anderen Angeklagten müssen fast jeden Dienstag im Saal B 273 Platz nehmen - und auf dunkelgrüne Tannen schauen.

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