Angst im Amok-Haus von Laim

Laim - Die Spuren sind kaum noch zu sehen. Die zertrümmerten Flaschen, Gläser und Möbel sind längst weggeräumt. Das abgesplitterte Holz an der Wohnungstür wurde ausgebessert und frisch überstrichen. Vor sechs Wochen standen vor dieser Tür in einem Mietshaus in Laim bis an die Zähne bewaffnete Polizisten des Spezialeinsatzkommandos (SEK). Auf der anderen Seite der Tür wütete ein 34-jähriger Mann, als sei er vom Teufel besessen. Sogar seine Mutter war panisch vor ihm geflohen.
Der junge Mann drosch mit einer Axt so auf seine Möbel ein, dass Mieter in den Nebenhäusern meinten, Schüsse zu hören. Er warf Geschirr und volle Flaschen durchs Fenster und schrie den Polizisten, die auf ihn zielten, zu: „Erschießt mich!“ Stundenlang hielt der Mann seine Nachbarn, die sich ängstlich in ihren Wohnungen versteckten, in Atem. Dann wurde er vom SEK überwältigt.
Insgesamt 70 Polizisten waren im Einsatz. Sie stellten später illegale Waffen, pyrotechnische Gegenstände und Munition in der Wohnung des Mannes sicher. Er wurde in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Doch nun ist er wieder da – und seine Nachbarn haben erneut Angst vor ihm.
„Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich ihm plötzlich wieder im Treppenhaus begegnet bin“, berichtet ein Bewohner: „Der kann doch nach ein paar Wochen nicht wieder komplett geheilt sein. Keiner weiß, wie wir mit der Situation umgehen sollen. “ Ein anderer Mieter ergänzt: „Schon vor dem Amoklauf hat er regelmäßig die Nachbarschaft terrorisiert. Zu einer Amerikanerin im Haus hat er gesagt, dass sie schuld am Tod von Osama bin Laden sei. Der sei ein guter Mann gewesen, und er würde uns alle töten.“
Eine Mieterin sagt: „Ich fühle mich extrem unsicher mit dem unter einem Dach. Wenn ich könnte, würde ich sofort ausziehen.“ Schon seit Jahren gab es immer wieder Probleme mit dem Mieter aus dem dritten Stock. „Er drehte mitten in der Nacht seine Anlage so laut auf, dass wir alle aus den Betten fielen. Wenn wir uns beschwerten, wurden wir beschimpft und bedroht“, sagt ein Mieter. „Und wenn die Polizei kam, drehte er die Anlage wieder auf, sobald sie wieder weg war.“
Die Nachbarn fühlen sich allein gelassen und hilflos. „An dem Tag, als er völlig durchdrehte, wurden wir über nichts informiert. Ich sah aus dem Fenster und sah überall Scharfschützen. Die brüllten, dass ich vom Fenster weg soll. Wir mussten stundenlang in unseren Wohnungen bleiben. Aber erklärt hat uns niemand, was hier eigentlich passiert. Auch danach gab es null Informationen. Und nun ist der Mann wieder da, als sei nichts geschehen.“
Zwar ermittelt die Polizei wegen Bedrohung sowie Verstößen gegen das Waffengesetz, „doch für eine Untersuchungshaft reicht das nicht“, sagt ein Polizeisprecher. Wenigstens eine gute Nachricht gibt es für die Nachbarn in Laim. „Auf unser Betreiben hat der Mieter – seinerseits – das Mietverhältnis gekündigt“, teilte der Vermieter der AZ mit. Man rechne damit, „dass er innerhalb der gesetzlichen Frist aus der Wohnung ausziehen wird“. Die Nachbarn können darauf hoffen, dass dann wieder Ruhe einkehren wird. Zumindest in ihrem Mietshaus.