Angeklagter (71) droht mit Amoklauf im Gericht
München/Kochel - Irgendwann wird’s auch dem geduldigsten Richter zu viel. Als sich der 71-jährige Gerhard R. bei der Schilderung seiner Finanzaktionen zum wiederholten Male in Widersprüche verwickelt, regt der Vorsitzende Richter Oliver Ottmann eine medizinische Untersuchung des Angeklagten an.
Angeklagt ist der ehemalige Kaufmann, weil er sich für 610 000 Euro ein Zweifamilienhaus in Kochel am See gegönnt hat. Aber nie bezahlte.
Der Kaufvertrag wurde am 14. Mai 2012 geschlossen. Im August bekam Gerhard R. die Schlüssel, obwohl er noch keinen Cent bezahlt hatte. Dann begann das lange Warten.
Gerhard R. rückte den Kaufpreis trotz mehrmaliger Aufforderung nicht raus. Im Oktober 2012 wurde es den geprellten Verkäufern zu viel. Sie traten vom Kaufvertrag zurück. Doch Gerhard R. dachte auch dann nicht daran, mit seiner Frau und seinem Sohn wieder auszuziehen.
Jetzt steht der 71-Jährige vor Gericht. Der Prozess fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt.
Der Grund: Gerhard R. soll gegenüber einem Bewährungshelfer erklärt haben, dass er sich eine Waffe besorge und beim Gericht aufräumen werde.
Gegenüber einer Rechtshelferin hatte der 71-Jährige vor zwei Wochen den Kauf einer Maschinenpistole angekündigt. „Man muss ja richtig Angst haben vor Ihnen“, sagt Richter Ottmann. Der angeklagte Rentner bestreitet die bedrohlichen Äußerungen.
Vor Gericht verteidigt er sein Verhalten beim Hauskauf zu Kochel. Niemand hätte ihm gesagt, in welchem Zustand sich das Haus tatsächlich befunden habe. Er habe noch vor seinem Einzug 35 000 Euro investieren müssen, um das Kocheler Anwesen überhaupt bewohnbar zu machen.
Das Haus sei auch nie 610 000 Euro wert gewesen. Ein Gutachten habe das Anwesen auf 480 000 Euro taxiert. Das Haus selber sei nur 80 000 Euro wert gewesen, weil die Vorbesitzer seit Jahrzehnten nichts mehr investiert hätten.
Als die Bank, die ihm eine Finanzierungszusage gemacht hatte, davon erfuhr, sei sie abgesprungen.
Gerhard R. ist der Justiz wohl bekannt. Zuletzt war der einschlägig vorbestrafte Mann im Jahre 2002 zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte mit so genannten Wechselverträgen hunderte von Geschäftspartnern über den Tisch gezogen. 24 Fälle von Betrug waren angeklagt.
Das Gericht ordnete damals die Sicherungsverwahrung an. Ein Gerichtspsychiater war zum Schluss gekommen, dass es sich bei Gerhard R. um den „klassischen Hangbetrüger“ handele. Die Allgemeinheit müsse geschützt werden.
Gerhard R. bekam Hilfe von anderer Seite. Nach neun Jahren in Haft kippte das Bundesverfassungsgericht die Sicherungsverwahrung in ihrer alten Form. Der Betrüger kam frei.
Der Prozess wird fortgesetzt.
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