Angeklagt: Die Münchner Tacho-Mafia

Der Schaden der Trickser in München geht in die Millionen. Über 200 Verdächtige - auch ein Autohändler ist angeklagt. Die Bande arbeitete mit einer besonders dreisten Masche.
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Bei der Razzia im März 2011 wurden in München 230 Autos beschlagnahmt.
Daniel von Loeper Bei der Razzia im März 2011 wurden in München 230 Autos beschlagnahmt.

Der Schaden der Trickser in München geht in die Millionen. Über 200 Verdächtige - auch ein Autohändler ist angeklagt. Die Bande arbeitete mit einer besonders dreisten Masche.

München - Mit wenigen Handgriffen verpasste Autohändler Thomas S. abgenudelten Kisten eine Verjüngungskur: Der 41-Jährige frisierte Tachostände an Luxuskarossen und verkaufte sie dann zu überhöhten Preisen. Bis der Schwindel schließlich aufflog. Die Staatsanwaltschaft erhob gestern Anklage gegen den Münchner – der Auftakt zu einer ganzen Prozessserie. Derzeit wird gegen 89 Beschuldigte und 120 weitere Verdächtige ermittelt. Der Sachschaden geht in die Millionen.

Die Bande arbeitete mit einer besonders dreisten Masche. Sie schafften aus dem Ausland Autos mit extrem hoher Laufleistung heran. Die runtergenudelten Kisten konnten sie billig aufkaufen. In Werkstätten in München und Umgebung wurden sie dann auf Hochglanz poliert, die Papiere gefälscht und die Tachos frisiert. Vor allem auf Porsche, Ferrari, BMW, Mercedes und Audi hatte sich die Tacho-Mafia spezialisiert.

Im März 2011 flog der Schwindel auf. Polizei und Staatsanwaltschaft beschlagnahmten bei einer Groß-Razzia in München und dem Umland 230 Autos. 150 Betriebe sowie Privatwohnungen wurden durchsucht. 26 Verdächtige wurden damals festgenommen, einige von ihnen sitzen noch immer in U-Haft.

Zu ihnen zählt auch Thomas S. (41). Der Kfz-Mechaniker betrieb in Perlach einen Autohandel. Außerdem arbeitete er als Gutachter.

Mit Hilfe elektronischer Tricks löschte T. bei manchen Autos die Tachostände komplett, bei anderen verschwanden Zehntausende von Kilometern oder er stellte Tachos so ein, dass sie nur noch jeden zweiten gefahrenen Kilometer anzeigten. Je nach Modell verlangte er von seinen Kunden zwischen 50 und 500 Euro für seine Dienst.

„Immer ging es darum, eine weitaus geringer Laufleistung und damit einen höheren Fahrzeugwert vorzuspiegeln“, erklärt Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

Ahnungslose Autokäufer zahlten weit überhöhte Preise. Schlimmer noch: Sie riskierten wegen mangelnder Wartung Schäden an sicherheitsrelevanten Bauteilen wie ABS, ESP oder den Airbags.

Auch Leasingfirmen wurden von den Tacho-Tricksern geprellt. Kunden gaben zum Ende der Vertragslaufzeit die Autos zurück und sparten sich durch die illegalen Tricksereien Nachzahlungen für überhöhte Jahreslaufleistungen.

Thomas S. soll nach Informationen der Ermittlungsbehörden auch falsche Gutachten abgegeben haben. Die Staatsanwaltschaft München I geht davon aus, dass der Mann durch seine „kriminellen Machenschaften“ mehrere tausend Euro pro Monat erwirtschaftet habe. Insgesamt hält ihm die Anklage derzeit einen Schaden von 40.000 Euro vor. Diese Summe könne sich allerdings noch erhöhen, hieß es. Es gebe noch 300 weitere Verdachtsfälle, die geklärt werden müssten. Hier könnte ein weiteres Verfahren auf Thomas S. zukommen.

Nach Schätzungen der Polizei soll bei jedem dritten Auto der Tacho frisiert sein.

 

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