An Rubens-Gemälde in München festgeklebt: Prozess gegen Klima-Aktivisten

München - Klima-Aktivisten haben das Gemälde "Der Bethlehemitische Kindermord" von Peter Paul Rubens bewusst für eine Klebeaktion in der Alten Pinakothek in München ausgewählt.
Klima-Kleber in der Alten Pinakothek: Gemeinschädliche Sachbeschädigung?
Die Darstellung von Babys, die aus den Armen ihrer Mütter geraubt und ermordet werden, stehe für den Zukunftsraub der Jugend, die Politik fahre alles gegen die Wand, sagte ein 59-Jähriger, der sich wegen der Aktion im August mit zwei anderen Männern seit dem heutigen Donnerstag vor dem Amtsgericht München verantworten muss.
Dabei geht es um den Vorwurf der gemeinschädlichen Sachbeschädigung. Der 59-Jährige und ein 25-jähriger Mitangeklagter hatten sich der Anklage zufolge mit den Händen beziehungsweise Fingerspitzen am Rahmen des Gemäldes festgeklebt. Das etwa zwei Mal drei Meter große Werk entstand um das Jahr 1638 und gilt als spätes Meisterwerk des flämischen Malers (1577-1640).
Rubens-Gemälde beschädigt und Wert dauerhaft um rund 5.000 Euro gemindert
Ein 24-Jähriger filmte die Aktion seiner Mitstreiter der Bewegung Letzte Generation, ihm wird deshalb Beihilfe vorgeworfen. Den Wert des vergoldeten Rahmens aus dem 18. Jahrhundert schätzen Kunstexperten auf rund 50.000 Euro.

Sichtbare Klebstoffspuren hätten Restauratoren zwar minimiert, der Kleber habe sich aber in den Rahmen gefressen und sei nicht mehr vollständig zu entfernen. Dies mindere den Wert dauerhaft um rund 5.000 Euro, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Prozess in München: Aktivisten legten Einspruch gegen Strafbefehle ein
Zudem habe die rote Bespannung der Wand Klebespritzer abbekommen, welche sich aus dem Gewebe nicht mehr lösen ließen.
Weil die Aktivisten Einspruch gegen vom Gericht verhängte Strafbefehle eingelegt hatten, kam es nun zum Prozess. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft München I entstand damals ein Schaden in fünfstelliger Höhe, daher wurde in den Strafbefehlen "eine erhebliche Geldstrafe festgesetzt".
Bernhard Maaz: "Es ist nicht legitim, einmalige kulturelle Menschheitszeugnisse zu beschädigen"
Teuer könnte es aber auch unabhängig davon werden: "Wir werden selbstverständlich unsere Ansprüche zivilrechtlich geltend machen", sagte Tine Nehler, Sprecherin der Pinakotheken, bei Bekanntwerden der Strafbefehle im vergangenen Jahr.
"Es ist nicht legitim, einmalige kulturelle Menschheitszeugnisse zu beschädigen, um auf die faktisch gegebenen klimatischen Probleme hinzuweisen", hatte der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, nach der Aktion gesagt. "Ein Gemälde wie "Der bethlehemitische Kindermord" sowie der historische vergoldete Rahmen sind von unschätzbarem kulturhistorischen Wert".

Hat die Aktion der Klima-Kleber gar den Gemäldewert gesteigert?
Die Verteidigung argumentierte in die genau andere Richtung: Es sei vorstellbar, dass der trotz Restaurierung mit Klebstoffresten beschmutzte Rahmen von künftigen Generationen als Marker eines Wendepunktes in der gesellschaftlichen Debatte zum Klimawandel gesehen werden könne, sagte einer der Verteidiger. Das könne seinen Wert erweitern.
Eine Ansicht, die der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Bernhard Maaz, nicht teilt. Das sei nur ein anekdotischer Wert, der nicht dadurch steige, indem man die Klebeflecken vermarkte.
Klima-Aktivisten wollen keine Terroristen sein
Die 60, 25 und 24 Jahre alten Angeklagten bedauerten, dass sie so viel Arbeit verursacht hätten. "Wir wollen keine Kunst zerstören, wir wollen keine Terroristen sein", sagte der 25-Jährige, der sich mit der Hand festgeklebt hatte, zum Prozessauftakt am Donnerstag.
Dass es der "Bethlehemitische Kinderraub" war, geschah wohl bewusst. Die Darstellung von Babys, die aus den Armen ihrer Mütter geraubt und ermordet werden, stehe für den Zukunftsraub der Jugend, die Politik fahre alles gegen die Wand, sagte der 60 Jahre alte Angeklagte, der mit den Fingerspitzen am Bild klebte.
Untätigkeit gegen den Klimawandel als Motivation für Klebeaktionen
Als Motivation nannten sie die Untätigkeit der Politik. Der Klimawandel sei bisher nicht ernst genommen worden. Das sei eine Gefahr für Frieden und Stabilität, aber auch die Kunstschätze. Auf ihren Vorschlag, die Anklage fallen zu lassen und gemeinsam die Geschehnisse in etwas Positives zu verwandeln, ließen sich weder Maaz noch die Staatsanwaltschaft ein.
"Ich würde mich bereit erklären, mich auch regelmäßig immer wieder an den Rahmen zu kleben, wenn es nötig wäre", versprach einer der Angeklagten. "Wählen Sie andere Mittel", riet Maaz dagegen. Das Museum könne nicht der Austragungsort dafür sein. "Es ist einfach schade, dass wir jetzt hier sitzen, weil es der falsche Weg ist für ein richtiges Ziel." Der Prozess soll am 22. Mai fortgesetzt werden.