Amoklauf in München: Ali David S. versteckte sich in Wohnhaus
Der Amokschütze von München hätte nach den tödlichen Schüssen an einem Einkaufszentrum weitere Menschen umbringen können. "Aber offensichtlich wollte er niemanden mehr töten", sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts am Mittwoch.
München - In der Chronologie der Schreckensstunden am Abend des 22. Juli, an dem der Deutsch-Iraner Ali David S. neun Menschen und schließlich sich selbst tötete, klafften bislang einige große Lücken. Diese konnte jetzt dank akribischer Arbeit des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) und der Staatsanwaltschaft München I zumeist geschlossen werden.
Neuesten Ermittlungen des LKA zufolge war Ali David S. am Abend seines Amoklaufs unter anderem in ein Wohnhaus gegangen und hatte mehrere Anwohner getroffen. "Es hätte mehr Opfer geben können", sagte der Sprecher. Doch der Schütze habe seine Waffe zu dem Zeitpunkt nicht mehr in der Hand gehabt.
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Wie die beiden ermittelnden Behörden am Dienstag in einer gemeinsamen Presseerklärung verlautbaren ließen, haben mehrere Bewohner den 18-Jährigen zwischen dem Tatort Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) und der Henckystraße, in Moosach, wo sich S. schließlich selbst richtete, gesehen. Für die Ermittler steht fest, dass der Täter vom OEZ aus in das Zwischengeschoss des dortigen Parkhauses lief. Dort gab er 17 Schüsse auf ein geparktes Auto ab. Warum? Dieses Geheimnis hat Ali David S. mit ins Grab genommen.
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Der Amokläufer verließ das Parkdeck und betrat dann die Riesstraße
Danach, so die Erkenntnisse der Kriminaler, lief er jedenfalls auf das oberste Parkdeck, wo es zu dem in einem Video dokumentierten Streitgespräch mit einem resoluten Anwohner, dem 57-jährigen Baggerfahrer Thomas S. kam. Währenddessen wurde der Deutsch-Iraner von zwei Polizeibeamten gesehen, von denen einer sogar einen Schuss auf den Amokläufer abfeuerte, ihn jedoch verfehlte.
Anschließend begab sich der Täter über die nördliche Außentreppe des Parkhauses nach unten und überquerte die Riesstraße, wo er eine gegenüber liegende Grünanlage betrat. Auf zwischen den dortigen Häusern angelegten Gehwegen lief er – vermutlich ohne weitere Zwischenstopps – zur Henckystraße, wo er durch die unversperrte Haustüre in das Treppenhaus eines der dortigen Wohnanwesen gelangte.
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Ali David S. hatte Kontakt mit Anwohnern, aber er schoss nicht
Im Treppenhaus hatte der Täter nacheinander Kontakt mit mehreren Anwohnern, die von ihm glücklicherweise weder bedroht noch angegriffen wurden. Im Anschluss versteckte sich Ali David S. nach momentaner Annahme der Ermittler für längere Zeit in der Tiefgarage des Wohnhauses, bevor er diese über eine Außentreppe wieder verließ und unmittelbar danach mit mehreren im Rahmen der Fahndung eingesetzten Polizeibeamten zusammentraf, vor deren Augen er schließlich Selbstmord beging.
Um diese Fakten zu ermitteln, haben Polizei und Staatsanwaltschaft erheblichen Aufwand betrieben. Laut Angaben vom Dienstag befragte die 65-köpfige Sonderkommission „OEZ“ mehr als 1000 Haushalte. Auch kam ein Personensuchhund der Polizei, ein sogenannter Mantrailer, mehrfach zum Einsatz.
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