Amoklauf am OEZ in München: Neue Hinweise auf Rassismus-Motiv

"Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen": Rassismus statt Rache als Motiv für den Amoklauf? Die Grünen fordern eine neue Einordnung der Tat von David S. vor knapp einem Jahr im OEZ.
von  Anja Perkuhn
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Katharina Schulze fordert eine neue Aufarbeitung des Motivs von David S.
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Katharina Schulze fordert eine neue Aufarbeitung des Motivs von David S. © dpa

"Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen": Rassismus statt Rache als Motiv für den Amoklauf? Die Grünen fordern eine neue Einordnung der Tat von David S. vor knapp einem Jahr im OEZ.

München - Der 18-jährige Schüler David S. handelte nicht aus Fremdenhass, als er am 22. Juli 2016 am Olympia-Einkaufszentrum Amok lief, neun Menschen tötete und mehr als 20 verletzte. Das Motiv sei Rache gewesen, weil er von Mitschülern gemobbt wurde, so lautete das Fazit der Ermittler.

Wie allerdings einige neue Erkenntnisse dazu passen sollen, will die Landtagsargeordnete Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen) nun noch einmal aufgearbeitet sehen: Ihre inzwischen dritten Anfrage an das bayerische Innenministerium hat Schmackiges zutage gefördert: Hinweise "auf rassistisches Gedankengut" habe die Auswertung der bei ihm sichergestellten elektronischen Daten ergeben.

Abneigung gegen "Jugendliche mit Migrationshintergrund"

David S. hat am Tag des Attentates eine Datei mit dem Namen "Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx" erstellt. Nach den Erkenntnissen der Ermittler habe er "offenbar gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund, insbesondere türkisch- und balkanstämmige, eine starke Abneigung" entwickelt.

Zumindest bei den durch die ersten Schüsse getöteten Opfern könne man außerdem annehmen, dass "deren Erscheinungsbild für den Täter eine maßgebliche Rolle gespielt haben könnte". Der Deutsch-Iraner sei stolz auf seine deutsche Staatsangehörigkeit gewesen und auf seine persischen Wurzeln, habe man aus dem Familienkreis erfahren.

"Er sei davon ausgegangen, dass der Ursprung der Arier in Persien sei", heißt es. Es hätten sich auch Hinweise ergeben, dass er während der Psychotherapie den Hitlergruß gebraucht, Hakenkreuze in seinen Block gezeichnet und „Sieg Heil!“ gerufen habe. Als eine Mitpatientin fragte, ob er ein Nazi sei, habe er aber verneint.

Manifest: "Kakerlaken und Untermenschen"

Dass David S. – wie der norwegische Rechtsextremist und Massenmörder Anders Breivik – vor seiner Tat ein Manifest verfasst hat, ist bekannt. Solche Schriften werden aus vielen Gründen ungern veröffentlicht. Auszüge stehen aber in der Antwort des Ministeriums.

Der Stadtteil Feldmoching-Hasenbergl sei nahezu komplett mit einem "Virus" infiziert, erklärt der Täter da. Die "ausländischen Untermenschen" mit meist türkisch-balkanischen Wurzeln würden "die Kriminalität regieren". Er schreibt von "Kakerlaken und Untermenschen und Menschen", die er exekutieren werde.

Rache und Rassismus?

Das Mobbing-Motiv im Abschlussbericht ist Schulze deshalb zu kurz gedacht: "Es muss mindestens 'und Rassismus’ sein“, sagt sie. "Das hieße dann, dass wir 2016 in Bayern neun Tote hatten durch einen rassistisch motivierten Anschlag. Daraus könnte man für Prävention gegen Radikalisierung zum Beispiel dann Konsequenzen ziehen."

Die Grünen wollen darum nach der Sitzungspause einen Antrag darauf stellen, dass im Innenausschuss der Verlauf der Radikalisierung von David S. noch einmal genauer analysiert wird – ebenso sein Manifest. "Das schulden wir den Opfern", sagt Katharina Schulze.

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