Ambulanz für Gewaltstraftäter in München eröffnet

Am Hauptbahnhof ist die erste Fachambulanz für Gewaltstraftäter eröffnet – da die Besucher noch immer gefährlich sein können, tragen die Mitarbeiter alle einen Alarmknopf bei sich
Nina Job |
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Justizministerin Beate Merk und Günther Bauer, Vorstand der Inneren Mission, bei der Eröffnung der ersten psychotherapteutischen Fachambulanz für entlassene Gewaltstraftäter
Justizministerin Beate Merk und Günther Bauer, Vorstand der Inneren Mission, bei der Eröffnung der ersten psychotherapteutischen Fachambulanz für entlassene Gewaltstraftäter

Am Hauptbahnhof ist die erste Fachambulanz für Gewaltstraftäter eröffnet – da die Besucher noch immer gefährlich sein können, tragen die Mitarbeiter alle einen Alarmknopf bei sich
 
München -
Dunkelblauer Teppichboden, Büromöbel und Fotos an den Wänden. Die Räume sehen aus wie in einer Behörde. Nur das Zimmer des Leiters und Chefpsychologen Markus Feil hat eine persönlichere Note mit Sofa, Kelim und großformatigen Bildern an den Wänden. Auf zwei Fotos ist ein Mann zu sehen, der durch einen See watet. Daneben Maria mit dem Jesuskind im Arm.
Unter diesen Bildern werden bald Straftäter über ihre schlimmen Gewaltphantasien sprechen. Die Räume gehören zur ersten psychotherapeutischen Fachambulanz für Gewaltstraftäter in Bayern. Justizministerin Beate Merk (CSU) und der Vorstand der Inneren Mission, Günther Bauer, haben die Einrichtung gestern offiziell eröffnet.

„Gewaltverbrechen sind leider immer wieder entsetzliche Realität. Ebenso entsetzlich real ist es leider, dass die Täter mitunter Wiederholungstäter sind“, sagte Justizministerin Beate Merk. „Damit die Täter keine Täter bleiben, müssen wir für eine ausreichende therapeutische Versorgung sorgen. Und zwar nicht nur während der Haftzeit, sondern auch und gerade in der Zeit nach der Entlassung“, so die Ministerin.

Im selben Haus, in der die Ambulanz für Gewaltstraftäter ganz in der Nähe des Justizpalastes untergebracht ist, befindet sich seit fünf Jahren bereits die Fachambulanz für Sexualstraftäter. Seit ihrer Eröffnung 2008 haben sich hier insgesamt 600 Sexverbrecher und Männer mit sexuellen Gewaltphantasien therapeutisch begleiten lassen.

Zwischenfälle, bei denen die Mitarbeiter gefährdet waren, gab es laut Markus Feil keine. Nichtsdestotrotz müssen die Mitarbeiter auf ihre eigene Sicherheit achten. Jeder, der mit Häftlingen oder Ex-Häftlingen arbeitet, kennt den Fall der Psychologin Susanne Preusker, die 2009 im Gefängnis in Straubing stundenlang in der Gewalt eines Häftlings war und von ihm mehrmals vergewaltigt wurde. Sie hat ein Buch darüber geschrieben.

Aus Sicherheitsgründen dürfen die Mitarbeiter in den Münchner Fachambulanzen sich nie ganz allein mit einem Patienten in der Ambulanz aufhalten. Zudem gibt es einen mobilen Alarmknopf, den jeder Mitarbeiter bei sich trägt. Drückt er ihn, sollen alle Telefone in der Einrichtung gleichzeitig klingeln – gestern funktionierte das noch nicht.

In der neuen Einrichtung werden sich zunächst eine Psychotherapeuten und ein Sozialpädagoge um Straftäter kümmern, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder unter Führungs- oder Bewährungsaufsicht stehen. Viele haben langjährige Haftstrafen hinter sich. Je nach Bedarf, Erfolg und finanzieller Unterstützung wird das Personal in den kommenden Jahren aufgestockt. „Etwa zehn Prozent kommen zudem freiwillig“, prognostiziert Markus Feil. „Wir haben bereits erste Anfragen.“

Eine zweite Fachambulanz für Gewaltstraftäter soll 2014 in Nürnberg ihre Arbeit aufnehmen, die dritte ist für 2015 in Würzburg geplant.

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