Altenheime in München: Von wegen Pflegenotstand

In den Altenheimen der Stadt gibt es 750 Plätze zuviel – für die Zukunft werden jetzt sogar weniger gebaut. Die Gründe: Heime im Umland, Alten-WGs und illegale Helfer aus Osteuropa
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MÜNCHEN - In den Altenheimen der Stadt gibt es 750 Plätze zuviel – für die Zukunft werden jetzt sogar weniger gebaut. Die Gründe: Heime im Umland, Alten-WGs und illegale Helfer aus Osteuropa

Vor fünf Jahren war alles noch ganz anders: „Damals hat man als Angehöriger gekämpft, damit man überhaupt einen Altenheimplatz bekommt“, erinnert sich Caritas-Geschäftsführer Norbert Huber an den früheren Pflegenotstand. Wie die Lage sich entwickelt hat, ist schon nach ein paar Klicks im Internet klar: Wer bei der Münchner Pflegebörse nach freien Plätzen sucht, wird schnell fündig. Die aktuellste Zahl zum Überschuss in stationären Einrichtungen: 750 Plätze.

Trotzdem hat der Sozialausschuss am Dienstag einstimmig eine „Pflegebedarfsplanung“ beschlossen, die davon ausgeht, dass bis in zehn Jahren 1000 zusätzliche Plätze gebraucht werden. Die Hälfte davon soll durch alternative Versorgungsangebote gedeckt werden, die andere durch vollstationäre Einrichtungen. Deswegen hat der Stadtrat auch die „Reservierung“ mehrerer Grundstücke für weitere Heime beschlossen. „Bis zur Ausschreibung und Bebauung ist es noch mal ein weiter Weg“, beschwichtigte Sozialreferent Graffe aber angesichts der vielen Unwägbarkeiten, die eine Bedarfsprognose mit sich bringt.

Apropos Unwägbarkeit: Im Jahr 2004 war man bei der Stadt noch davon ausgegangen, dass 1300 zusätzliche Plätze gebraucht werden. Doch das tatsächliche Angebot blieb seither fast gleich groß – es liegt bei unverändert 6700 vollstationären Pflegeplätzen. Trotzdem hat sich die Lage nicht verschärft, sondern sogar entspannt. So wurde jetzt die Zahl der benötigten Plätze mal eben um 300 nach unten korrigiert.

Wie kann das sein? Caritas-Chef Huber sieht zwei Hauptgründe: Erstens ziehen viele Münchner in Einrichtungen im Umland – 43 Prozent der dortigen Plätze sind von Münchnern belegt. Zweitens: Viele osteuropäische Hilfs- und Pflegekräfte kümmern sich um Pflegebedürftige in den eigenen vier Wänden. Huber: „Es gibt den Trend, dass man versucht, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben.“

Und noch ein Punkt: Während die Zahl der Heimplätze in den vergangenen Jahren stagniert ist, haben alternative Betreuungsformen zugenommen. Die Stadt geht zum Beispiel davon aus, dass derzeit bis zu 300 Menschen in etwa 50 Wohngemeinschaften ambulant versorgt werden.

Gleichzeitig fällt auf, dass viele Menschen erst kurz vor ihrem Tod in ein Heim kommen. „20 Prozent der Bewohner in Münchenstift-Häusern leben dort noch für maximal vier Wochen“, sagt Grünen-Stadtrat Sigi Benker.

Die Zahlen aus der amtlichen Pflegestatistik, auf denen die aktuelle Prognose der Stadt fußt, sind leider nicht mehr frisch: sie stammen von Ende 2007. Damals lebten in München 24621 pflegebedürftige Menschen. Die meisten von ihnen, nämlich 76 Prozent, wurden zu Hause gepflegt. In zehn Jahren, so die Schätzung, werden in München insgesamt 29000 Menschen pflegebedürftig sein.

Interessant: Innerhalb der Stadt ist die Versorgung mit Plätzen sehr unterschiedlich. Während es in einigen Bereichen deutlich zu wenige Plätze gibt, wird in anderen eine „Überdeckung“ registriert.

Julia Lenders

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