Als Strauß die Druckmaschinen stoppen lässt
Als ein junger Reporter ihm einmal eine unliebsame Frage stellte, wurde er von Franz Josef Strauß angeblafft: „Haben Sie überhaupt Abitur?“
Der Umgang des großen Parteivorsitzenden, mehrfachen Bundesministers und ungekrönten Bayernkönigs mit Journalisten, die er nicht kannte oder nicht mochte oder die ihm „dumm“ kamen, war von anderer Art als der seines zeitweiligen Chefs Konrad Adenauer. Der ließ unbequeme Fragesteller schon mal mit einem fröhlichen Kompliment abblitzen: „Wat ham’se nich für ne schöne Krawatte.“
Strauß konterte eher grob und direkt, gern auch indirekt. Strauß und die Medien – ein Thema, das auch jenseits von Anekdoten einen dicken Band füllen könnte. Ein Kapitel könnte etwa die erbitterte „Spiegel“-Fechterei behandeln. Ein anderes seine stets ambivalenten Beziehungen mit Rundfunkanstalten, insbesondere der bayerischen. Ein drittes vielleicht die weltpolitische Bedeutung, die er seinem eigenen Hausorgan, dem „Bayernkurier“, zu verschaffen versuchte.
Die flapsige Art, sich unbedeutende Reporter vom Hals zu halten, wäre da nur eine Arabeske. Viel interessanter wären wohl die Kontakte dieses mächtigen Politikers mit mehr oder weniger Mächtigen der von ihm so genannten „veröffentlichten Meinung“.
Ein Blick in den Familien-Nachlass, den mir Monika Hohlmeier anlässlich des 100. Geburtstags ihres Vaters freundlicherweise gewährte, enthüllt so manches Geheimnis. Da erstaunt zunächst die Fülle von Ratschlägen, Forderungen, Informationen, Einflussversuchen, persönlichen Bitten, die Strauß von Journalisten und anderen Medienmachern, darunter einige Ex-Nazis, brieflich zugegangen sind. Viele Schreiber geben sich als Parteifreunde zu erkennen, einige als Duzfreunde.
Chefredakteure und andere namhafte Publizisten, die das Weltgeschehen mindestens so gut zu durchschauen glaubten wie Profi-Politiker, gaben dem Partei- und Staatsführer ungefragt zur Kenntnis, wie er taktieren sollte, vorzugsweise wie er seine Partei noch straffer aufbauen oder zügeln könnte, wie er der größeren Schwester CDU endlich Paroli bieten könnte. Mehrmals wurde ihm, einmal von einem angeblichen Kohl-Vertrauten, die Herausgabe einer anderen süddeutschen Zeitung nahegelegt. Antworten liegen den abgehefteten Zuschriften nicht bei.
Franz Josef Strauß: Hochzeit, Häme und Affären
Auch Großverleger pflegten vertrauten Umgang mit dem Machthaber. Kein Geringerer als Franz Burda fragte ihn am 15. September 1965 freundlich, ob er sich an einer Umfrage „Haben Sie Angst vor der 13?“ beteiligen möchte, 20 Zeilen würden genügen, ein Bild „mit Publicity-Wirkung“ habe man im Archiv. Im Sommer 1980 sagte Strauß seinem „alten Weggefährten“ – so der ehemalige CSU-Sprecher Godel Rosenberg, der die Anekdote jetzt zum Besten gab – wiederum ein Interview zu. Der Senator entsandte seinen Sohn Hubert, der die Worte des Vorsitzenden aber dermaßen wiedergab, dass dieser erzürnt in Offenburg anrief. Binnen einer halben Stunde waren die Druckmaschinen gestoppt, was den Verlag um mindestens 100 000 Mark schädigte.
Peter Boenisch, von 1961 bis 1979 Chefredakteur von „Bild“, beschwerte sich über seinen Verleger Axel Springer, der sich damals der sozial-liberalen Regierung in Bonn anzunähern begann, sich zu wenig um sein Blatt zu kümmern und zu oft in Florida aufzuhalten. „Wenn er so weitermacht, wird er viel, was er aufgebaut hat, selbst zerstören“, klagte Boenisch seinem Duzfreund. „Wir sind ein schlafender Riese, zu viel Einfluss ohne Verantwortung.“ Springer müsste endlich auch in Süddeutschland so auftreten, wie von einem Großverlag zu erwarten sei.
So weit der Nachlass. Mit der Anwanzerei von eher peripheren Typen ist das Thema Strauß und die Medien längst nicht erschöpft. Da fehlen noch konkrete Hinweise einerseits auf die teils massiven, teils subtilen Eingriffe in die unabhängige Presse – und andererseits auf das Beziehungsgeflecht, das sich zwischen CSU-Führung und führenden Medienleuten vertrauensvoll und gewiss Einfluss stiftend entwickelt hatte. Dies alles geschah freilich nicht auf dem nachzuverfolgenden Briefweg.
Zu erwähnen wären etliche Chefredakteure des „Münchner Merkur“, den Strauß zeitweise als sein Hausorgan betrachtet und auch genutzt hat. Paul Pucher sagte ihm zuletzt allerdings wegen allzu direkter Vorgaben die Gefolgschaft auf. Oder der „tz“-Chefredakteur Franz Schönhuber, Gründer des parteihörigen „Franz-Clubs“, der zuletzt allerdings nach ganz rechts ausscherte.
Oder die Leute von der „Quick“ mit dem Geheimdienst-Zulieferer Nayhauss voran. Nicht zuletzt einige Intendanten, Hauptabteilungs-, Unterabteilungs- und Hinterabteilungsleiter von BR und ZDF
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