Interview

"Alles fügt sich, es passt": Bildhauer Nicolai Tregor zur Enthüllung seiner Dietl-Statue

Am Samstag wird die Statue von Helmut Dietl in Schwabing enthüllt. Er leistet jetzt dem legendären Monaco Franze Gesellschaft. Auch der Künstler beider Statuen, Nicolai Tregor, wird vor Ort sein. Die AZ hat vorab mit ihm gesprochen.
von  Hüseyin Ince
Bildhauer Nicolai Tregor in seinem Atelier mit Dietls Statue, die bis Samstagmittag noch verhüllt an der Münchner Freiheit steht.
Bildhauer Nicolai Tregor in seinem Atelier mit Dietls Statue, die bis Samstagmittag noch verhüllt an der Münchner Freiheit steht. © Foto: Daniel von Loeper

München - Da sitzt er nun am Café Münchner Freiheit, der Helmut Dietl, und hebt mit seinem linken Fuß den Tisch vom Monaco Franze an, bringt dessen Eisbecher zum Wanken, während der Monaco den Hals nach den schönen Münchnerinnen verdreht. Wir haben den Erfinder dieser Szene vor der großen Enthüllung gesprochen. Die AZ erwischt den rastlosen Nicolai Tregor am Freitag am Telefon in seinem Atelier.

AZ: Herr Tregor...
NICOLAI TREGOR: Moment, ich muss noch was erledigen (es scheppert, klirrt, einige Sekunden vergehen). So jetzt.

Was machen Sie denn gerade?
Ich habe Eimer und Spachtel weggelegt. Ich forme gerade noch die Befestigungen für die Dietl-Statue und werde sie noch heute Abend anschweißen, wenn das Café Münchner Freiheit geschlossen ist.

Sie können schweißen?
Natürlich! Bin gelernter Bronzegießer. Da gehört das dazu.

Es hat jetzt etwa fünf Jahre gedauert, bis die Dietl-Statue an ihrem Bestimmungsort saß. Kurzzeitig stand die Finanzierung auf der Kippe, Politiker thematisierten sogar ihr Privatleben, dass Sie Schulden und so viele Kinder hätten von so vielen verschiedenen Frauen. Wie ist Ihre Gefühlslage?
Geschichte kennt keinen Schmerz! Ich hege keinen Groll und blicke nach vorne. Alles fügt sich, es passt wunderbar!

Kaffeehausgründer Karl Eisenrieder (83) mit Nicolai Tregor und der noch nicht verhüllten Skulptur von Helmut Dietl.
Kaffeehausgründer Karl Eisenrieder (83) mit Nicolai Tregor und der noch nicht verhüllten Skulptur von Helmut Dietl. © Foto: Daniel von Loeper

Meinen Sie jetzt Dietl und Monaco Franze?
Richtig. Allein dieser große Zufall, dass ich Ende der 90er das Tischbein vom Monaco Franze schweben habe lassen und jetzt der Dietl seinen Fuß darunter stellt. Diese Kommunikation zwischen den beiden ... herrlich! Ich wusste ja damals nicht, dass ich da mal den Dietl hinsetzen würde.

Werden Sie die Dietl-Statue persönlich enthüllen?
Um Gottes Willen, nein, nein, nein. Aber, wie wäre es mit Ihnen? Sie könnten ihn doch enthüllen. Ist das nicht eine gute Idee? Kommen Sie vorbei.

Aber nein, warum denn ich? Sie sind der Künstler.
Na und, Sie schreiben doch darüber. Ich werde jedenfalls nicht meinen alten Körper vor die schöne Dietl-Statue stellen. So etwas mache ich nicht. Werde mich schön hinter Dietl stellen, wie es sich für einen Künstler gehört.

Die Dietl-Skulptur von Bildhauer Nicolai Tregor.
Die Dietl-Skulptur von Bildhauer Nicolai Tregor. © Foto: Daniel von Loeper

Wer wird nun Dietl enthüllen?
Ich weiß es wirklich nicht. Eine hübsche Blondine wäre gut. Schließlich reden wir von Helmut Dietl, der immer einen Blick für schöne Frauen hatte. Und der Monaco Franze ja sowieso!

Werden Sie etwas sagen?
Nein, ich bin doch nicht Cicero oder Gaius Crassus. Der wartete mal auf Caesar und Cleopatra und sagte: Caesar ist der beste Mann für jede Frau, Cleopatra ist die beste Frau für jeden Mann!

Sie werden nichts sagen, während Dietl enthüllt wird?
Wenn, dann sage ich nur einen Satz: Die Schwabinger Einsamkeit ist vorbei! Weil der Monaco Franze jetzt Gesellschaft hat.

 

Charlie Eisenrieder vom Café Münchner Freiheit hat angekündigt, dass es Kuchen umsonst geben wird, so lange der Vorrat reicht. Essen Sie gern Kuchen?
Oh ja. Ich werde am Samstag ganz sicher ein Stück Kuchen essen. Und wehe er schmeckt nicht! (lacht laut)

Der Schwabinger Künstler Nicolai Tregor arbeitet derzeit an fünf Werken gleichzeitig. Eines davon ist eine Drahtwand und trägt den Arbeitstitel "Frau auf Partnersuche". Sie wolle endlich ihren Traummann finden, sagt Tregor.

Das war Helmut Dietl

Eigentlich kennen ihn fast alle Münchner, die sich für Film und Fernsehen interessieren. Anders gesagt: Es ist eher sehr schwer, nicht von ihm gehört zu haben. Helmut Dietl, geboren am 22. Juni 1944 in Bad Wiessee, hatte Mitte der 60er ein Studium in Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte begonnen, brach es aber ab. Dietl startete bald ins Berufsleben, als Aufnahmeleiter beim Bayerischen Fernsehen und als Regieassistent bei den Münchner Kammerspielen. Sein erstes großes Werk waren die "Münchner Gschichten" ab 1974. Es folgte ein mehrjähriger Aufenthalt in den USA, vor allem in Los Angeles.

Als er zurückkam, schuf er legendäre Figuren, wie eben den Monaco Franze, gespielt von Helmut Fischer. Die Geschichte rund um den Ewigen Stenz und seinem Spatzl (Ruth Maria Kubitschek) lief als TV-Mehrteiler ab 1983. Auch die Serie "Kir Royal" wurde bundesweit berühmt. Es folgten weitere Meisterwerke der deutschen Filmgeschichte. Mit "Schtonk!" (1992) wurde er sogar für den Oscar nominiert. Den Deutschen Filmpreis erhielt er für "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" (1997). Dietl verstarb am 30. März 2015 mit 70 Jahren an den Folgen seiner Lungenkrebserkrankung. Er war jahrzehntelanger Raucher.


Feier mit Enthüllung der Dietl-Statue, mit Livemusik, Café Münchner Freiheit, Samstag ab 11 Uhr, kostenlos.

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