Alkoholverbote in München: Hilf- und wirkungslos
Der Gärtnerplatz ist nicht der Grund, dass die bestätigten Corona-Zahlen wieder etwas gestiegen sind – wie hinter vorgehaltener Hand auch wichtige Rathaus-Menschen einräumen. OB Dieter Reiter hat seine Verbotsstrategie trotzdem durchgezogen. Immerhin: In der neuerlichen Fassung hat er etwas Augenmaß walten lassen (müssen).
Debatte verhindert, Problem nicht gelöst, Streit vertagt
Den Lärm am Gärtnerplatz, Infektionszahlen, die nervöse Öffentlichkeit – all das argumentativ zu vermischen, hatte von Anfang an hilflos gewirkt. Am Gärtnerplatz aber hat sich die Stimmung ja tatsächlich aufgeheizt. Es gab Handlungsbedarf. Nun ist der Sommer fast vorbei und man hat ein (absurd begründetes) Verbot, das bei sinkenden Zahlen ohnehin wieder ungültig wird. Nun ja. Debatte verhindert, Problem nicht gelöst, Streit vertagt. Jetzt ist Zeit bis zum Frühjahr, um ehrliche und öffentliche Debatten zu führen – und das unbedingt irgendwann auch im Stadtrat.
Hoffentlich kommt dann nicht wieder jemand auf die Idee, dem Internetcafé in Sendling oder Berg am Laim montagnachts verbieten zu wollen, ein Bier an Nachbarn zu verkaufen, weil es samstagnachts am Gärtnerplatz zu laut ist. Oder die Situation dort ernsthaft mit der an der Gerner Brücke in einen Topf zu werfen – wie es Reiter weiter tut.
Die Politik muss ihre Verbote gut begründen
Münchner Alltag übrigens war zuletzt und ohne strengere Regeln, dass vor Wirtshäusern Leute dicht gedrängt saßen und kaum noch wer einen Namen hinterlassen musste, während an der Straße willkürlich Jugendliche Anzeige kassierten – wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz.
Wenn Politik Vertrauen will, muss sie Verbote gut begründen. Es geht nicht nur um ein paar Randalierer. Es sind sehr viele Münchner, die im Sommer gerne ein Bier an der Isar trinken. Ohne sich von der Stadt wie Kindern vorschreiben lassen zu wollen, wann sie heimmüssen.