Alkoholikerin erstickt Schwiegermutter aus Mitleid - 10 Jahre Haft

Eine 51-Jährige wird vom Schwurgericht wegen Totschlags verurteilt. Sie hatte aus Mitleid gehandelt.
von  John Schneider
Beim Prozessauftakt: Marion D. mit Anwalt Gerald Assner.
Beim Prozessauftakt: Marion D. mit Anwalt Gerald Assner. © jot

München - Marion D. hat Gott gespielt. In einer Whatsapp-Nachricht an ihren Freund gestand die 51-Jährige, dass sie ihre Schwiegermutter mit einem Kissen erstickt habe (AZ berichtete). "Ich habe etwas Böses, etwas sehr Böses getan", zitiert der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts, Michael Höhne, aus der Nachricht.

Das Motiv: Mitleid. Sie habe die Frau von ihrem Leiden erlösen wollen. Die 86-Jährige hatte ständige Rückenschmerzen, habe in einer verwahrlosten Wohnung in der Schwabinger Elisabethstraße gehaust, war dort immer wieder zu Boden gestürzt, ohne selber wieder aufstehen zu können.

So haben Marion D. und ihr getrennt lebender Ehemann die alte Dame auch am 11. November 2016 vorgefunden. Während sie die Frau zurück auf die Couch hievte, kehrte ihr Mann, der die Zustände bei seiner Mutter nicht aushielt, wieder zurück in seine Wohnung.

Marion D. hat dann mit ihrer Schwiegermutter - zu der sie auch nach der Trennung von ihrem Mann eine freundschaftliche Beziehung unterhielt - geredet. Die 86-Jährige erzählte ihr von ihrer Einsamkeit.

Die betrunkene Täterin nahm das zum Anlass, Margarete D. zu töten. Eine Spontantat, stellt das Gericht am Freitag fest. Marion D. drückte minutenlang ein Kissen auf das Gesicht der Frau. Die 86-Jährige wehrte sich verzweifelt.

Doch das Mordmerkmal der Heimtücke kann das Gericht nicht mit der notwendigen Sicherheit annehmen. Es war nicht möglich, dem Opfer Arglosigkeit zu unterstellen. Im Zweifel für die Angeklagte: Marion D. wurde entgegen des Antrags der Staatsanwaltschaft (lebenslang für Mord) nur wegen Totschlags zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Am Tattag hatte die 51-Jährige mit ihrem Mann einiges gebechert. Das Ex-Paar trank Bier, Wein und Wodka. Als die Frau nach der Tat untersucht wurde, stellten die Beamten drei Promille bei der alkoholkranken Täterin fest.

Ein Teil davon ist aber nach Ansicht des Gerichts wohl erst nach der Tat ins Blut gekommen. Für ihre Schuldfähigkeit spreche, dass die Whatsapp-Nachrichten an ihren Freund nur einen Rechtschreibfehler aufwiesen, erklärt Höhne.

Der Richter macht Marion D. Hoffnung, keine zehn Jahre absitzen zu müssen. Nach drei Jahren Haft und zwei Jahren Therapie wäre die Halbstrafe erreicht. In knapp vier Jahren könne die Verurteilte bei guter Führung wieder freikommen.

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