Alexander Reissl: „Ich bin gewohnt, noch mal draufzuschlagen“

Im Interview: Warum der Fraktionschef der Münchner Rathaus-SPD kein OB-Kandidat ist, wie er die Grünen sieht und Probleme der Fraktion
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SPD-Fraktionschef Alexander Reissl beim Fassl anschlagen.
Bernd Lindenthaler SPD-Fraktionschef Alexander Reissl beim Fassl anschlagen.

MÜNCHEN - Im Interview: Warum der Fraktionschef der Münchner Rathaus-SPD kein OB-Kandidat ist, wie er die Grünen sieht und Probleme der Fraktion

AZ: Herr Reissl, ein anstrengendes Rats-Halbjahr liegt zurück. Es knirschte zwischen Rot-Grün, es gab Ärger mit dem Neonazi-Stadtrat und dem Kraftakt, die Finanzen in Krisenzeiten zu stemmen. Womit entspannen Sie kurz vor Ihrem Urlaub?

ALEXANDER REISSL: Ich hab' gerade bei einem Fest mit zwei Schlägen ein Fassl angeschlagen. Eigentlich hätte einer reichen können. Aber ich bin gewohnt, nochmal drauf zu schlagen.

Wie im wirklichen Leben. Mit zwei Schlägen haben Sie schon OB-Qualitäten.

Es gibt Leute die sagen, das sei die wichtigste Amtshandlung.

Wissen Sie denn, wer der OB-Kandidat der SPD wird?

Nein, ich weiß keinen.

Selbst Sie wissen es nicht, der immer wieder als Aspirant genannt wird?

Ja.

Also werden Sie es auch nicht, sonst wüssten Sie es ja.

Darüber kann man philosophieren.

„Nochmal draufzuschlagen“, dass kennt man von Ihnen nicht nur beim Fassl, sondern als Moosacher Wadlbeißer auch gegenüber den grünen Bündnispartnern.

Nein, das ist kein grünes Privileg. Das trifft auch andere.

Haben Sie Probleme mit den Grünen?

Nein.

Aber in Ratssitzungen nehmen Sie die Grünen ab und an richtig ran.

Sehen Sie, das ist ein Bündnis, da gibt es also mehrere Partner. Und ich bin eben der Vorsitzende der SPD-Fraktion und vertrete SPD-Politik. Es gehört dazu, dass in diesem Bündnis nicht nur der OB und die Grünen, sondern auch die SPD-Fraktion als Partner erkennbar ist.

Spielt Sie da der überragende Ude in den Hintergrund?

Das kann einem schon passieren. Christian Ude ist ja ein sehr populärer OB und ein begnadeter Öffentlichkeitsarbeiter. Da muss man eben schauen, wo man bleibt.

Sie reden schon mal vom OB süffisant als dem "Herrn im zweiten Stock". Betonen Sie damit die Selbständigkeit der Fraktion oder gehen Sie auf Distanz zu Ude?

Auch Ironie kann dem Selbstschutz dienen.

Sie haben den Grünen oft vorgeworfen, dass dort zu viele Individualisten für sich Politik machen.

Wir sehen das so. Bei uns geht es strenger zu. Das hat auch mit der unterschiedlichen Größe zu tun: Wir sind 32 Stadträte, die Grünen zehn (ohne die Bürgermeister). Wenn da bei uns jeder für sich selbst auftritt, dann erkennt man bald keine SPD mehr. Und nur mit der Summierung von Zielgruppen gewinnt man keine Wahl.

Es gibt aber auch Frust in der SPD-Fraktion, weil gerade viele neue Stadträte mit ihren Initiativen und Anträgen beim Vorstand nicht durchkommen. Man hört, manche haben zehn und mehr erfolglose Vorstöße gemacht.

Ich behaupte auch nicht, dass alle 32 zufrieden sind. Natürlich muss man in so eine große Gruppe erst hineinkommen. Und sicher hat nicht jeder gefunden, was er oder sie sich vor der Wahl vorgestellt hat, das geht schon bei der Ausschussbesetzung los. Aber alle haben sich schon einmal in einem Auswahlprozess durchgesetzt, sonst wären sie nicht in den Stadtrat gekommen.

Was wünschen Sie sich nach der Sommerpause von den Grünen fürs Bündnis-Klima?

Ein gewisses Verständnis für die Lage bei uns. Es muss jeder einen Sinn dafür entwickeln, dass wir eine Gemeinschaft sind. Und es kann nicht jeder sein Steckenpferd reiten. Aber eines ist wichtig: Es hat natürlich geknirrscht, aber die wichtige Haushaltsabstimmung war zwischen uns ganz unspektakulär und einmütig.

Sie gehen jetzt einem heißen Herbst entgegen. Denn bei den Grünen sind die zweite Stammstrecke und die Olympia-Bewerbung umstritten.

Ich denke, dass sich die Fraktion bei der Olympia-Bewerbung den Konflikt mit der Basis zutraut und zustimmt, wenn unsere ökologischen Vorgaben eingehalten werden. Das mit der zweiten Stammstrecke ist ja eine abstruse Geschichte: Eigentlich haben wir vom Stadtrat nichts zu schnabeln. Eisenbahn und S-Bahn sind ja gar nicht unsere Sache, sondern zuständig ist das Land.

Am 27. September ist Bundestagswahl. Die Vorhersagen für die SPD sind schlecht. Wagen Sie eine Prognose?

Nein.

Wird die SPD die drittstärkste Kraft nach den Grünen – wie nach der Europawahl in München?

Nein, wir werden die Nummer zwei bleiben. Und die FDP wird stärker als die Grünen. Alle, die eine marktliberale Politik wollen, wählen FDP. Es reicht bei der FDP für zehn bis 15 Prozent.

Die Union fühlt sich stark und hat mit dem Bayer zu Guttenberg einen neuen Star.

Anscheinend reicht es für einen CSU-Wirtschaftsminister, dass er vollständige Sätze sagen kann. Bisher wurde doch alles gegen seinen Willen entschieden.

Und was tun Sie jetzt?

Jetzt habe ich Urlaub, und wie ich mir einbilde zu Recht. Dann geht die Gaudi wieder von vorne los.

Interview: Willi Bock

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