Alarm-Übung: München trainiert den Katastrophenfall
München - Drei… zwei… eins…" Ein Knall zerreißt die Luft. Sirenen heulen. Vier Polizisten in Schutzanzügen rennen über die Straße zum U-Bahn-Eingang. An der Treppe nehmen sie ihre Maschinenpistolen in Anschlag: "Hände hoch! Ich will die Hände sehen!" Zur gleichen Zeit knallt es auch in der Allianz Arena. Rauch steigt aus einem Imbiss auf, Fans mit Deutschland-Fahnen liegen blutüberströmt am Boden. Schließlich, eine dritte Notsituation: In der Thomas-Hauser-Straße kommt zu einem schweren Autounfall: Mehrere Personen werden verletzt.
Fans mit Deutschland-Fahnen liegen blutend am Boden
An drei Orten simulieren Einsatzkräfte von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr am Sonntag mit insgesamt 2000 Teilnehmern den Ernstfall. "Eine besondere Herausforderung", erklärt Polizeipräsident Hubertus Andrä während der Übung. "Da muss die Kommunikation klappen."
Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betont: "In Deutschland ist die Gefahr eines Terroranschlags unvermindert hoch. Es ist wichtig, dass wir vorbereitet sind." Dies sei besonders wichtig für Großereignisse, wie der Europameisterschaft 2020, bei der vier Spiele in München stattfinden werden.
Ein Szenario während eines EM-Spiels wird in der Allianz Arena geprobt. Hier wird eine Explosion in einem Kiosk simuliert. Rauchschwaden ziehen durch die Gänge des Stadions, Verletzte liegen am Boden, Fußballfans pöbeln teilweise betrunken und aggressiv herum,
Übung für den Terrorfall in München
Am Arabellapark ist die Situation für die Einsatzkräfte erst unklar. "Ah! Hilfe! Kann mir jemand helfen, Hilfe!", dringt kurz nach der Explosion vom Bahnsteig nach oben. Auch hier verhüllt dichter Rauch die Sicht auf den Eingang zur U-Bahn. Dann zeichnen sich Schemen ab.
Menschen drängen an die Oberfläche, wie in der Allianz Arena haben auch sie Deutschland-Flaggen in der Hand und um den Körper gewickelt. Sofort werden sie von schwer bewaffneten Polizisten umringt. "Rucksäcke auf! Hände aus den Taschen!" Die Menschen wirken verwirrt, in Schockstarre: "Rucksäcke! Rucksäcke runter! Sofort!"
Die 460 Darsteller spielen ihre Rollen überzeugend. Darunter viele Polizisten, die sich freiwillig für den Dienst gemeldet haben. Die Rollen der Schwerverletzten übernehmen professionelle Schauspieler. Die Darsteller sind die einzigen, die den genauen Ablauf der Übung kennen, alle anderen wissen vor der Übung nicht, was sie genau erwarten wird.
So vermischen sich am Arabellapark für einen Moment Spiel und Wirklichkeit – auch für den AZ-Reporter. Ein Mann in orangener Weste mit der Aufschrift "Einsatzleiter" schaut zu den Zuschauern am Rand. Dort steht einer verdächtig nah am Geschehen und beobachtet alles ganz genau. Ihre Blicke treffen sich, dann brüllt der Einsatzleiter eine Anweisung. Im nächsten Moment läuft ein Polizist aus der Hundertschaft auf die Person zu, die Waffe im Anschlag. "Hände aus den Taschen!" – "Ich schaue nur zu", . "Hände aus den Taschen, sofort!" Der Fremde streckt seine Hände nach oben. "Gehörst du zur Übung oder nicht?", brüllt der Polizist. "Zeitung", ruft der Zuschauer zurück. Für einen Moment denkt der Polizist nach, mustert den Reporter. Dann senkt er seine Waffe. "Weg von der Absperrung! Und wegbleiben!"
"Gehörst du zur Übung oder nicht?", brüllt der Polizist
Die Übung ist schneller beendet, als gedacht. An der Allianz Arena sind bald alle Verletzten geborgen und in die sechs Krankenhäuser gebracht, die an der Übung teilnehmen. Nun sucht die Spurensicherung den Grund für die Explosion. Auch an der U-Bahnstation Arabellapark liegen die Verletzten nach kurzer Zeit auf Planen in Signalfarben und werden versorgt: orange für weniger akute Fälle, rot für Schwerverletzte.
Um 10 Uhr herrscht schließlich Klarheit am Arabellapark: Kein Terror-Anschlag hat die Notsituation verursacht, sondern Pyrotechnik, die eine Massenpanik ausgelöst hat. 50 Verletzte meldet die Feuerwehr, der Verantwortliche ist festgenommen. Auch in der Allianz Arena ist die Lage nun unter Kontrolle. Auslöser der Explosion war eine Fritteuse.
"Wir sind sehr zufrieden mit der Übung", erklärt Innenminister Joachim Herrmann im Anschluss. "Es hat wohl alles gut funktioniert." Jetzt wird die Übung von den teilnehmenden Einsatzkräften besprochen und nachbereitet, um Fehlverhalten zu erkennen: "Fehler sind ganz wichtig", sagt auch der Polizeipräsident. "Dadurch lernen wir – und verbessern uns."

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