Aktionswoche: Kinder mit psychischen Krankheiten
München - Es kann der Bub sein, der sich tagelang in seinem Zimmer verkriecht, das Mädel, das sich weigert, zu essen oder heimlich leidet, weil es auf ihr Smartphone Hassnachrichten von Mitschülern bekommt. Wenn es Kindern und Jugendlichen in der Seele wehtut, kann das unterschiedlich aussehen und verschiedene Ursachen haben. Immer häufiger werden bei Heranwachsenden psychische Erkrankungen diagnostiziert. Das liegt daran, dass sie besser erkannt werden. Aber auch der Druck auf Kinder ist stetig gewachsen.
Lesen Sie hier: AZ-Interview mit Franz Freisleder über psychische Erkrankungen bei Kindern
„Psychische Störungen sind im jungen Alter keinesfalls seltener als bei Erwachsenen“, sagt Joachim Hein vom Münchner Bündnis gegen Depression. Studien zufolge sind gut 20 Prozent der Jugendlichen psychisch auffällig, neun Prozent sind psychisch erkrankt. Selbstmordgedanken, Depressionen, Essstörungen oder Autismus sind Krankheitsbilder, die Ärzten bei Jüngeren oft begegnen. Dazu kommt Schulverweigerung, Drogenmissbrauch oder – immer häufiger – Computer- oder Internetsucht.
Ende der 90er habe man pro Jahr etwa 500 ambulante Fälle gehabt, 2014 waren es mehr als 14 000, rechnet Franz Freisleder, Leiter der jugendpsychiatrischen Heckscher-Klinik vor. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der stationären Behandlungen von Depressionen bei 10- bis 19-Jährigen innerhalb der letzten zwölf Jahre versechsfacht – auf 1639 Fälle in Bayern.
Dieser Anstieg hat mehrere Gründe. Der Positive: „Wir sind achtsamer gegenüber Auffälligkeiten“, sagt Freisleder. Sein Kollege Gerd Schulte-Körne von der Uniklinik ergänzt jedoch, dass auch die gesellschaftlichen Erwartungen an Kinder und Jugendliche gestiegen seien: „Kinder sollten möglichst schon zweisprachig in die Schule kommen.“ Und: früh selbstständig sein. Diejenigen, die das nicht leisten könnten, geraten gerade in Übergangsphasen wie Einschulung, Ausbildungs- oder Berufsbeginn ins Straucheln.
Besonders gefährdet sind dabei diejenigen Kinder, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen: Wenn die Eltern selbst psychisch erkrankt sind oder bei einer Scheidung die Fetzen fliegen.
Diese Menschen zu erreichen, sei nicht einfach, gibt Hein vom Bündnis gegen Depression zu. Versuchen wolle man es trotzdem: Vom 8. bis 16. Oktober veranstaltet er deshalb die Münchner Woche für seelische Gesundheit mit Vorträgen und Workshops. Schwerpunkt sind heuer die jungen Patienten. Etwa die Hälfte der Veranstaltung beschäftigt sich damit, wie man ihnen helfen kann. Es ist Hein wichtig, nicht nur die Schwere der Krankheit in den Vordergrund zu stellen: „Der Fokus liegt auf dem Gelingen.“
Einige interessante Termine, die keinen Eintritt kosten
Donnerstag, 8. Oktober
- Seelisch gesund aufwachsen, Podiumsdiskussion, Gasteig, Kleiner Konzertsaal, 18-10 Uhr. Samstag, 10. Oktober
- Tag der offenen Tür im kbo-Heckscher-Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Deisenhofener Straße 28, 10-16 Uhr.
- Was brauchen Kinder, um seelisch gesund aufzuwachsen?, Vortrag, Elsenheimer Str. 63, 16-17 Uhr.
Sonntag, 11. Oktober
- Pubertät – eine Baustelle der etwas anderen Art, Vortrag, Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek, 1. OG, 10.30-12 Uhr.
- Erziehungsberatung – wozu denn das?, Vortrag, Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek, 1. OG, 15-16 Uhr.
- Alkohol, Cannabis, Medien und wo liegt dein Maß?, Vortrag, Gasteig, Vortragssaal der Bibliothek, 1. OG, 16.15-17 Uhr.
Montag, 12. Oktober
- (Cyber-)Mobbing: Was ist das? Was kann ich tun?, Theaterstück mit Betroffenen, anschließend Diskussion, Gasteig, Black Box, 17-19 Uhr.
- Mein Kind hat Essstörungen – wie kann ich helfen?, Vortrag, Hanselmannstr. 20, 19-21 Uhr.
- Suizidale Krisen bei Kindern und Jugendlichen, Informationsveranstaltung, Saarstr. 5, 19-21 Uhr.
Dienstag, 13.Oktober
- Verloren in fremden Welten – Glücksspielsucht und Internetsucht behandeln, Vortrag, Bavariastr. 11, 18-20 Uhr.
- Cybermobbing – was nun?, Überblicksvortrag, Luisenstraße 11, 18.30-21 Uhr.
Mittwoch, 14.Oktober
- Erfolgreich in Schule und Studium, Vortrag, bei dem Entspannungstechniken vorgestellt werden, Hans-Goltz-Weg 28, 15.30-17 Uhr.
- Themen:
- Bavaria
- Gasteig
- Statistisches Bundesamt