Aktenzeichen M: Münchens ungelöste Fälle

Vor fast genau zwei Jahren wurde eine 67-jährige Münchnerin am Leitenberg beim Brauneck von einem Unbekannten ausgeraubt, vergewaltigt und an einen Baum gefesselt - das Opfer überlebte, der Täter ist noch auf freiem Fuß. Auch in München bereiten manche Täter der Polizei Kopfzerbrechen.
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Keinen Schritt mehr: Bei manchen Kriminalfällen kommt die Polizei einfach nicht weiter.
dpa Keinen Schritt mehr: Bei manchen Kriminalfällen kommt die Polizei einfach nicht weiter.

MÜNCHEN - Vor fast genau zwei Jahren wurde eine 67-jährige Münchnerin am Leitenberg beim Brauneck von einem Unbekannten ausgeraubt, vergewaltigt und an einen Baum gefesselt - das Opfer überlebte, der Täter ist noch auf freiem Fuß. Auch in München bereiten manche Täter der Polizei Kopfzerbrechen.

Bayerns Phantom: "Die Sex-Bestie vom Brauneck": Er schlug in der Roßgrube zu - dort unten, am Brauneck (Kreis Tölz). Am 25. November 2007 greift sich der Unbekannte, das "Phantom", wie ihn manche nennen, eine 67-jährige Münchnerin. Er fesselt sie mit Handschellen und verklebt ihr Mund und Augen. Vergewaltigt sie im Unterholz. Dann klickt er eine Handschelle an einen Baum und lässt die Rentnerin dort zurück. Gedemütigt. Ein Jäger (39) findet sie eineinhalb Stunden später.

Nach der Sex-Tat durchwühlt er in die Wohnung seines Opfers

Der Täter war da schon in München - eiskalt durchstöbert er die Wohnung seines Opfers in Giesing. Die Polizei sieht bei der Fahndung als erstes dort nach, kommt aber Minuten zu spät. Am nächsten Morgen versucht der Vergewaltiger sogar, an der Sparkasse am Tegernseer Platz Geld mit der EC-Karte seines Opfers zu holen. Der Automat war nicht videoüberwacht. Die Polizei hat kein Foto - nur ein Phantombild.

Das Phantom ist fort. Bis heute. Rund Zehntausend Spuren hat Leonhard Berger von der Soko Leitenberg schon ausgewertet. Hat Stunden mit dem Opfer geredet, seine Spezialisten erstellten ein Täterprofil - Berger kennt das Phantom in- und auswendig. Nur hat er ihn noch nie gesehen. "Sollte ich ihm jemals in den Bergen zufällig über den Weg laufen, ich würde ihn erkennen", sagt der Kommissar.

DNA, Klebeband, Speichelprobe - alles vergebens

Die Polizei hält viele Indizien in der Hand, aber keine echte Spur. Ein selten hergestelltes Klebeband, mit dem sie nicht weiterkommt. Auf der Kleidung des Opfers finden sie DNA. Die wird mit der Gendatei des Bundeskriminalamts abgeglichen - wieder nichts. Berger holt kurz nach der Tat 514 Männer zum Speicheltest - vergebens, 14 aber kommen nicht und werden zur Fahndung ausgeschrieben. Leonhard Berger gibt trotzdem nicht auf: "Wir kriegen den Kerl. Eines Tages macht er einen Fehler."

Der Vergewaltiger mit den Glupschaugen: Geld löst nicht alle Probleme. Am 25. Juni 2006 lauert ein Vergewaltiger am Ismaninger Speichersee einer 31-Jährigen auf. Es ist Sonntagabend, kurz nach 20. 30 Uhr. Sie joggt an ihm vorbei, er wirft sich aufs Radl, fährt ihr nach, stürzt sich auf sie, zerrt sie in ein Gebüsch.

Dort bedroht er sie mit einer abgebrochenen Flasche und, verprügelt die Frau mit Fäusten. Dann reißt er ihr die Kleider vom Leib, sie wehrt sich, sie schreit - da lässt er von ihr ab und flüchtet in Richtung des BMW-Testgeländes. Die Polizei findet keine Spuren: Ein Gewitter hat alles weggewaschen. Die Fahnder loben 2000 Euro für Hinweise aus. Geholfen hat's nix.

Der "MVV-Grapscher" geht noch immer in München um

Der scheue Grapscher: Er geht immer gleich vor: Erst beobachtet er sein Opfer. Dann packt er es von hinten und begrapscht es. Manchmal wirft er die Frauen zu Boden. Sie schreien, drehen sich um - und er flüchtet. Schlimmeres ist zum Glück nie passiert, seit der ersten Tat im Juni 2005. Die Münchner Polizei fahndet aber noch immer nach dem "MVV-Grapscher", der so heißt, weil er Frauen von Haltestellen aus nach Hause verfolgt und sie in der Nähe ihres Zuhauses belästigt.

Bis Oktober 2007 fällt der scheue Sex-Täter 16 Frauen an, dann scheint er sich zu beruhigen:: Erst am 11. Juni 2008 kann die Polizei ihm wieder einen Fall zuordnen: Eine 28-jährige Kellnerin wird kurz nach Mitternacht auf ihrem Heimweg begrapscht - der Täter war ihr sogar im Bus bis zur Johann-Clanze-Straße in Sendling gefolgt. Sie beschreibt ihn wie die anderen Opfer als 1, 70 Meter gross, mit kurzen dunklen Haaren und südländischen Typs.

Ala und die Unfallflüchtige: Am 17. Oktober geht die zwölfjährige Ala von der Schule nach Hause. Es ist Freitag, das Wochenende! In der Bäckerstraße aber fährt eine unbekannte Frau mit ihrem silbernen Kombi (es kann auch ein Mini-Van gewesen sein) das Mädchen an und verletzt sie schwer: Ala überlebt, hat aber ein gebrochenes linkes Bein und eine starke Gehirnerschütterung. Sie liegt eine Woche im Krankenhaus.

Die Frau hilft ihr nicht - sie haut ab. Ein rund 18-jähriger Zeuge könnte den Unfall gesehen haben, er meldet sich aber nicht. 32 Hinweise gingen bisher von anderen Münchnern ein, gebracht haben sie noch nichts.

Wo ist Liserl?

Massenvergewaltigung mit K.O.-Tropfen: Weiß sie überhaupt, was ihr zugestoßen ist? Am letzten Wiesnsonntag lernt die etwa 18 bis 20 Jahre alte unbekannte Frau drei Münchner im Hackerzelt kennen. Anschließend fahren sie alle ziemlich angetrunken in die Wohnung eines der drei Männer in Obersendling. Dort geben sie "Liserl", wie sie sich mit einer Klammer an ihrem Top nannte, K.O.-Tropfen.

Der Haupttäter, ein 28-jähriger Student und Barkeeper und sein Freund, ein Marketing-Angestellter (29), fallen über sie her. Der Dritte (26) fotografiert. Die Polizei findet die Filme und rund 15 Fotos von der Vergewaltigung zufällig auf dem Laptop eines der drei Männer - eigentlich suchten die Beamten nach Drogen. Ihnen drohen Haftstrafen von bis zu 15 Jahren.

Von Liserl fehlt jede Spur. Die rund 1, 50 Meter große Frau, die auf der Wiesn eine blaue Jeans und ein schwarzes Top trug, kann sich laut Polizei vielleicht nicht einmal an die furchtbare Tat erinnern. Die Polizei sucht sie weiter - es kann aber ewig dauern.

Das Grauen weiß sich zu verstecken

Jung und pervers: Eine 10-Jährige. Unfassbar. Und noch immer ist der rund 18-Jährige, der am 21. November ein kleines Mädchen auf der Rolltreppe im U-Bahnhof Schwanthalerhöhe in den Schritt und an den Po fasste, auf freiem Fuß. Die Polizei hat Fahndungsplakate aufgehängt.

Die Videokamera hat ihn auch erfasst: Er sieht aus wie ein Schüler, ein Student, aber bestimmt nicht wie ein Verbrecher. Das Grauen hat eben nicht immer ein hässliches Gesicht. Und manchmal, das zeigen diese Fälle, weiß es sich sehr gut zu verstecken.

Thomas Gautier

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