Ahnungslos in den Arbeitsstreik
MÜNCHEN - Zeitungsschlagzeilen, Radionachrichten, Durchsagen an den Bahnhöfen: der Streik der MVG war den Münchnern wieder und wieder angekündigt worden. Trotzdem haben es ein paar geschafft, die Nachricht hartnäckig zu ignorieren - und heute morgen leise fluchend vor verschlossenen Gittern zu stehen. Die AZ hat sich an der U-Bahn-Haltestelle Theresienstraße umgehört.
Priya Kumar (25), Praktikantin: „Ich habe heute morgen noch irgendetwas über U-Bahn und Tram im Radio gehört, aber mein Deutsch ist nicht so gut, ich hab’ es einfach nicht verstanden! Ich bin aus Kanada und nur für sechs Monate in München. Jetzt mache ich wohl einen Spaziergang zum Hauptbahnhof, etwas Abwechslung ist ja auch ganz nett. Eine Zeit lang habe ich in Paris gelebt, da passiert so etwas ständig. Ich kann die Streiker ja verstehen.“
Torsten Bilz (31), Entwicklungsingenieur: „Und ich hab extra noch auf die MVV-Homepage geschaut, ich dachte, da stand nur irgendetwas von Bussen? Da war ich heute morgen wohl einfach noch zu verträumt. Ich nehme jeden Tag die U2, jetzt muss ich wohl anders zur Arbeit kommen. Irgendwie muss ich jetzt zum Ostbahnhof – ich werd’ dann mal zur nächsten S-Bahn laufen. Ist wohl ein notwendiges Übel."
Robert Praxl (36), Ingenieur: „Was, die streiken heute? Das habe ich nicht mitgekriegt. Ich muss zum Frankfurter Ring, eigentlich muss ich in fünf Minuten in der Arbeit sein. Ich rufe schnell dort an und sage, dass ich mich wegen dem Streik verspäte, dann nehme ich mir ein Taxi. Ein bisschen sauer bin ich jetzt schon, wenigstens einen Aushang hätten sie machen können, das wäre mir aufgefallen. Aber so? Den Streik kann ich aber gut verstehen – die MVG macht Gewinn ohne Ende, und die kleinen Arbeiter bekommen davon nichts zu spüren.“
Pan Kokaeattikool (25), Studentin aus Thailand: „Streik? Ich muss bis nach Weßling! Normalerweise fahre ich da erst U-Bahn, dann S-Bahn und dann nochmal mit dem Bus – und der fährt nur einmal in der Stunde. Den schaff’ ich jetzt nicht mehr. Zum Glück muss ich nur zweimal in der Woche zum deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum, dort schreibe ich nämlich meine Diplomarbeit. Jetzt schenke ich mir den Tag und fahre einfach morgen.“
lka