Ärzte konnten nur noch den Tod des Säuglings feststellen: 19-jährige Mutter steht vor Gericht
München – Vor den Fotografen verbirgt sie sich mit Briefumschlag und Kapuze, knetet immer wieder unter der Bank ihre Hände, schluchzt bei einer Frage der Richter kurz auf, spricht mit zitternder Stimme weiter: Die riesige Anspannung ist der 20-Jährigen in jedem Moment anzumerken. "Das werde ich mir ein Leben lang nicht verzeihen", sagt sie beim Prozessauftakt am Donnerstag und man nimmt der jungen Frau die Reue ab.
Ärzte konnten nur noch den Tod des Jungen feststellen
Zuvor hat ihre Strafverteidigerin Birgit Schwerdt eine Erklärung für die Köchin abgegeben. Sie gibt die Tat zu, gibt zu, dass sie, wie es in der Anklage steht, vor einem knappen Jahr im Haus ihrer Familie einen kleinen Jungen zur Welt gebracht und dann in der Toilette ertränkt habe. Gemeinsam mit ihrer Mutter war sie danach noch mit dem in einem Eimer liegenden Buben ins Schwabinger Krankenhaus gefahren. Doch die Ärzte konnten dort nur noch den Tod des Säuglings feststellen.
Angeklagte 19-Jährige ist geständig: "Ich hatte unfassbare Angst"
Die Tat sei nicht geplant gewesen, erklärt die Angeklagte über ihre Anwältin. Ihre Mandantin sei in der Situation überfordert gewesen und habe das Gefühl gehabt, in ihrer religiösen Familie kein uneheliches Kind zur Welt bringen zu dürfen.
"Ich habe viel gelernt und übernehme die volle Verantwortung für meine Tat", teilt die 20-Jährige am ersten Prozesstag über ihre Anwältin mit. Die Tat selber im Bad der Souterrain-Wohnung im Haus der Familie habe sie wie eine "Achterbahn der Gefühle", wie in Trance erlebt. Die plötzliche Geburt habe sie überfordert. "Ich hatte unfassbare Angst."
In ihrer Erklärung thematisiert die Angeklagte auch ihr Verhältnis zu ihrer Familie. Sie habe sieben Geschwister, im Haus der Familie haben auch ihre Großeltern und ihre Tante gelebt. In der Familie sei es konservativ, religiös, herzlich, aber auch streng zugegangen.
Der Vater sei ein engagierter Abtreibungsgegner. Ein uneheliches Kind hätte demnach "den gewünschten Anschein der perfekten Familie zerstört". Sie habe befürchtet, verstoßen zu werden. "Ich schämte mich." Jetzt sei ihr klar, dass sie mit ihrer Familie hätte reden müssen.
Der Vater des Kindes tritt als Nebenkläger auf
Sie selbst hält sich für eine "Meisterin der Verdrängung", erst wenige Monate vor der Tat sei ihr bewusstgeworden, dass sie schwanger war. Zu einem Arzt sei sie nie gegangen.
Mit dem Kindsvater hatte sie lediglich eine freundschaftliche Beziehung, gibt sie am Donnerstag an, habe aber auch mit ihm geschlafen. In einem Whatsapp-Chat hatte sie ihm erst Monate später von ihrer vermuteten Schwangerschaft berichtet und laut Anklage erklärt, dass es hart klinge, dass sie aber "eine Küchenkarriere und keine Kinder" wolle. Der junge Mann tritt als Nebenkläger bei dem Prozess auf.
Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus niedrigen Beweggründen aus. Die Köchin habe um ihre Karriere in der Gastronomie gefürchtet und deshalb das ungewollte Kind getötet. Der Prozess wird fortgesetzt.
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