Ärger um Flugvermittler: "Opodo hält keine Gelder zurück"

München - Über Moskau nach Rostow am Don, die Stadt, die als "Tor zum Kaukasus" bezeichnet wird - es hätte ein schöner Urlaub im Januar 2020 werden können. Dann kam die Corona-Pandemie und AZ-Leserin Irina Remse musste ihren Flug bei Aeroflot annullieren. Das bereits im Voraus gezahlte Geld für die Flugtickets - weg. "Seitdem versuche ich von Opodo die 2.000 Euro für die gestrichene Reise wiederzubekommen", sagt die 40-Jährige der AZ. Kontaktversuche: vergebens.
Flug wegen Corona gestrichen: Airlines müssen Geld zurückzahlen
Dabei sind Airlines verpflichtet, das Geld innerhalb von sieben Tagen zurückzuzahlen, wenn Flüge wegen der Pandemie gestrichen wurden.
AZ-Leserin wartet auf Erstattungen
Remse wandte sich zunächst an die Flugvermittlungsgesellschaft Opodo, über die sie den Flug für Januar 2020 gebucht hatte. Im August letzten Jahres kam eine vermeintlich gute Nachricht: Opodo antwortete, die Rückerstattung sei in Bearbeitung, man warte noch auf die Genehmigung der russischen Fluggesellschaft Aeroflot. Im Oktober 2020 erreichte Remse dann eine Entschuldigung des Flugvermittlungsdienstleisters: "Wir bitten Sie für die Verzögerung aufrichtig um Entschuldigung", es dauere noch bis zu drei Monate, um auf die Erstattungsanträge zu reagieren. Im Februar folgte endlich die ersehnte Nachricht: Die Erstattung sei vorgenommen worden - und dauere noch 120 Tage.
"Man wird immer wieder vertröstet"
Mittlerweile wartet Remse seit fast anderthalb Jahren. "Das ärgert einen enorm - es ist eine sehr unseriöse, kriminelle Vorgehensweise." Opodo arbeite mit einer Hinhaltetaktik in der Hoffnung, die Kunden würden aufgeben. "Es ist definitiv Kalkül."
Auch AZ-Leserin Beatrix Konhäuser geduldet sich seit April 2020. Aus ihrer Ayurveda-Kur in Indien wurde ein stetiges Warten auf die Rückerstattung - 641 Euro kostete das Flugticket.
Auch sie habe alles Mögliche unternommen, berichtet sie der AZ: Einen Rechtsanwalt konsultiert, Anrufe bei Opodo und der Fluggesellschaft Oman Air getätigt - sie sei gar nach Indien durchgestellt worden. "Ich bin immer wieder abgewimmelt worden." Ob nun Opodo oder Oman Air für die Abwicklung zuständig ist, sei ihr unklar.
Was sagt die Reiserecht-Expertin?
Die Expertin für Reiserecht und Juristin der Verbraucherzentrale Bayern, Julia Zeller, sagt der AZ: "Wir hatten schon viele derartige Anfragen von Verbrauchern, die schon seit über einem Jahr auf ihr Geld warten." Generell schließe man beim Buchen eines Fluges zwei Verträge ab: einmal mit der Vermittlungsplattform und auf der anderen Seite mit der Fluggesellschaft. Für die Rückerstattung sei rechtlich Letztere verantwortlich. Oftmals werde wie bei einem "Ping-Pong-Spiel" bei der Zuständigkeit jeweils auf den anderen verwiesen.
Warum inzwischen immer noch Bearbeitungszeiträume von 120 Tagen im Raum stünden, sei für die Reiseexpertin nicht verständlich. "Das ist eigentlich nicht tragbar und entspricht definitiv keiner rechtlichen Grundlage."
"Vermutet werden Liquiditätsprobleme"
Wieso zeigen sich Online-Vermittler, wie Opodo, verantwortlich, wenn rechtlich doch die Fluggesellschaft für zuständig ist? "Vermutet werden Liquiditätsprobleme bei den Airlines", erklärt Zeller. Hätten Fluggesellschaften zu Beginn der Pandemie allen Verbrauchern ihr Geld zurückgezahlt, "wäre ein Insolvenzantrag nach dem anderen eingetroffen".
Und was sagt Opodo? Eine Sprecherin des Mutterkonzerns Edreams Odigeo sagte der AZ: Als Reisebüro vermittle Opodo zwischen Reiseanbietern und Reisenden. Fluggesellschaften müssten Rückerstattungsanträge erst genehmigen und die Überweisung von Geldern veranlassen, bevor sie Kunden zurückerstattet werden können.
Opodo: "Das Team arbeitet hart daran, den Kunden zu helfen"
Opodo halte keine Gelder zurück oder schreibe Vertröstungsmails. "Unser Team wurde bereits über das letzte Jahr aufgestockt, damit wir noch schneller helfen können." Es arbeite hart daran, ihren Kunden zu helfen. Der Konzern sei im ständigen Austausch mit den Airlines, "um die eingehenden Fragen/ Beschwerden zu bearbeiten".
Die Pandemie habe zu erheblichen Verzögerung der Rückerstattungen geführt, da eine große Anzahl von Fluggesellschaften die automatischen Erstattungsprozesse aussetzten. So seien Flugstornierungen nicht mehr automatisch verarbeitet worden, sondern "nach Ermessen der Fluggesellschaft auf Basis individueller Rückerstattungsanfragen". Auch seien verschiedene kleinere Airlines in die Insolvenz gerutscht - "dies ist sehr bedauerlich und trifft dann am Ende auch die Kunden".
Nach AZ-Bericht: Leserin erhält endlich ihr Geld zurück
In dem Fall von Irina Remse hatte die AZ-Nachfrage letztlich immerhin eine positive Wendung: Sie erhielt ihr Geld für die ausgefallenen Flugtickets zurück. Bei Frau Konhäuser wiederum warte Opodo noch auf die Erstattung des Geldes von Oman Air.