ADFC-Test zum Fahrrad-Klima: München schmiert ab
München - Andreas Groh, erster Kreisvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) München, senkt den Kopf, bläst die Backen auf und hält die Luft an, als jemand das Wort Elektro-Scooter nennt.
Was er denn davon halte, dass die elektrischen Roller bald auf den Münchner Radwegen fahren werden? Er muss sich beherrschen. "Wir sind da sehr skeptisch", sagt Groh, "die Probleme für Radfahrer in München sind eigentlich schon groß genug."
Und das zeigt auch der achte, sogenannte Fahrradklima-Test des ADFC, dessen Ergebnisse Groh am Dienstag im Verkehrsmuseum vorstellte. 2.800 Münchner bewerteten im Vorfeld die Radlfreundlichkeit der Stadt und füllten den ADFC-Umfragebogen aus.
ADFC fragt erstmals "Familienfreundlichkeit" ab
Zum ersten Mal wurde auch die Familienfreundlichkeit abgefragt. "Hier sind die Ergebnisse sehr schlecht", sagt Groh. Laut Umfrage trauen sich Münchner kaum, ihre kleinen bis mittelgroßen Kinder alleine durch die Stadt radeln zu lassen.
Auch Lastenradler oder Eltern mit Kinderanhägern fühlen sich auf Münchens Radwegen nicht unbedingt wohl. Das liegt insbesondere daran, dass die Streifen zu schmal sind. "Bis zu 80 Prozent der Straßenfläche ist für Autofahrer reserviert. Wir müssen den vorhandenen Verkehrsraum neu aufteilen", sagt Groh.

Das hieße: weniger Autospuren, stattdessen mehr Radspuren. Groh ist überzeugt: "Das würde auch den Autoverkehr entzerren, wenn mehr Münchner mit dem Rad unterwegs wären."
Was die Zweiradfans in der Landeshauptstadt laut der Umfrage noch stört: Wege, die plötzlich enden, was dazu führt, dass Radler mitten auf dem Autofahrer-Streifen weiterfahren müssen; die holprige Qualität der Oberfläche vieler Radwege; fehlende Abstellanlagen; Falschparker, die Radwege blockieren; Ampelschaltungen, die grüne Wellen für Autos erzeugen und nicht für Radler sowie die fehlende Möglichkeit, Räder in öffentlichen Nahverkehrsmitteln kostenfrei mitzunehmen.
Das neue MVG-Radverleihsystem kommt an
"Da ginge es um ein Notfallszenario", sagt Groh, "die Leute wollen nur die Gewissheit haben, dass sie ihr Rad wieder nach Hause bringen können, auch wenn es nach der Arbeit regnet." In Baden-Württemberg sei das übrigens möglich, so Groh. Aber das sei nicht der Knackpunkt. "Es gäbe Möglichkeiten, schnell die Situation punktuell zu verbessern", sagt der Rad-Experte.
Die allererste Maßnahme? "Man müsste die Radwege konsequent weiterführen, die ohne Vorwarnung enden." Das sei zuletzt in der Werinherstraße unkompliziert geschehen. Trotz der mäßigen Umfrageergebnisse fanden die Münchner einige Dinge gut: So gefiel das neue MVG-Radverleihsystem, die häufig geöffneten Einbahnstraßen für Radler der Gegenrichtung und der eher seltene Fahrraddiebstahl.
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