ADAC will 400 Stellen streichen - in München und Landsberg

Der Verein muss einiges zahlen, um in die "Pole Position" zu gelangen, wie er das Programm intern nennt. Warum der Herbst für den Autoclub hart wird.
von  rus
Steuernachzahlungen und ein drohendes Minus in dreistelliger Millionenhöhe machen dem Automobil-Club zu schaffen.
Steuernachzahlungen und ein drohendes Minus in dreistelliger Millionenhöhe machen dem Automobil-Club zu schaffen. © imago

München - Der Wechsel des zuständigen Finanzamts hat für den ADAC teure Folgen: Der Club musste für die Jahre 2014 und 2015 knapp 90 Millionen Euro Versicherungssteuern nachzahlen, wie die Süddeutsche Zeitung nun berichtet.

Ein ADAC-Sprecher bestätigte das, ohne Zahlen zu nennen: "Der ADAC e.V. hat Ende Juli 2017 eine Steuerfestsetzung des Bundeszentralamts für Steuern in zweistelliger Millionenhöhe erhalten und fristgerecht bezahlt."

400 Stellen müssen weg

Der ADAC muss ohnehin sparen: Bis 2020 will die Chefetage möglichst sozialverträglich und ohne Kündigungen 400 Stellen in München und Landsberg abbauen, weil ansonsten ein Minus von 170 Millionen Euro drohen würde. Die höheren Versicherungssteuern sind ein Teil der Belastung. Die Stellenstreichungspläne hatte der ADAC im September publik gemacht. Diese Woche sollen die Verhandlungen über Interessensausgleich und Sozialplan beginnen.

Die Ursache der Steuernachforderung: Seit einigen Jahren ist für den ADAC das Bundeszentralamt für Steuern zuständig, das beim Thema Versicherungssteuer offensichtlich weniger großzügig ist als die früher zuständigen bayerischen Finanzbehörden. "Die erstmalige Festsetzung ergibt sich aus einer veränderten behördlichen Zuständigkeit für das Thema Versicherungssteuer", sagte der Sprecher dazu.

Es ist davon auszugehen, dass der Automobilclub mit 20 Millionen Mitgliedern künftig jedes Jahr Versicherungssteuer im mittleren zweistelligen Millionenbereich zu zahlen hat. Es gebe aber noch keine verbindliche Auskunft dazu vom Bundeszentralamt, sagte ein ADAC-Sprecher der SZ. Am Mitgliederservice solle nicht gespart werden, hieß es. Schließlich wächst der Club stetig. Ein Sprecher erklärte, das intern mit "Pole Position" betitelte Programm ziele eher darauf ab, vorhandene Strukturen zu überholen und Prozesse mit Hilfe der Digitalisierung zu verkürzen.

Die Sachbearbeitung soll raus aus dem teuren München

Klartext: Personalabbau. Diese Stellenstreichung im großen Stil, die es so wohl noch nie in der Geschichte des über 100-jährigen Auto-Clubs gegeben hat, sehe drei Stufen vor, berichtete die SZ: Erstens sollen frei werdende Stellen schlicht nicht mehr nachbesetzt werden, zweitens soll es hohe Abfindungen für diejenigen Mitarbeiter geben, die abwandern möchten. Und drittens soll die Sachbearbeitung im Mitgliederservice aus dem teuren München "an einen kostengünstigen Standort irgendwo in Deutschland" verlagert werden, berichtete ein Insider in der "Süddeutschen Zeitung". Ein Sprecher betonte, man tue alles, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Dass es solche geben könnte, war aber im September schon kommuniziert worden.

Ein weiterer Aspekt, der den Herbst für den Club stürmisch werden lässt: der Zeitdruck. Die Amtszeit des aktuellen Betriebsrates läuft bald aus. Sollte es also bis Ende November keine Einigung in Sachen Interessenausgleich und Sozialplan geben, müsste sich der neue Betriebsrat darum kümmern. Dann lägen die Verhandlungen bis 2018 auf Eis.

Nach der Affäre um die über Jahre manipulierten Leserabstimmungen zum "Auto des Jahres" hatte sich der ADAC eine neue Struktur gegeben: Beim Verein ist die Pannenhilfe verblieben, die kommerziellen Geschäfte wurden an eine Aktiengesellschaft übertragen, Forschung und wohltätige Aktivitäten an eine Stiftung. Der Betriebsrat wurde noch vorher gewählt.

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