Achtung, Mietpreiswahnsinn: Reiter schreibt dem Justizminister
In einem Brief an Heiko Maas prangert der OB die Preisspirale an – und fordert eine Reform des dafür verantwortlichen Gesetzes.
Münchner Mieter kennen diesen Begriff – und sie hassen ihn. Schließlich ist es die „ortsüblichen Vergleichsmiete“, mit der Vermieter überaus gerne argumentieren, wenn sie mal wieder mehr Geld wollen.
Eigentlich wurde die ortsübliche Vergleichsmiete mal zum Schutz der Mieter eingeführt. Immobilienhaien sollte die Grundlage entzogen werden, indem in Paragraf 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches festlegte wurde, dass Mietpreise das im Umfeld der Wohnung übliche Niveau nicht in erheblichem Maße überschreiten dürfen. Auf so aufgeheizten Mietmärkten wie dem in München hat diese Regelung allerdings einen gegenteiligen Effekt.
Schuld daran ist der seit 1993 gültige Vier-Jahres-Zeitraum. Wenn das ortsübliche Mietpreisniveau erhoben wird, werden seitdem zur Berechnung nur noch diejenigen Mietverträge herangezogen, die in den vergangenen vier Jahren erhöht oder ganz neue abgeschlossen wurden. Langjährige Bestandsmieten bleiben dabei unberücksichtigt.
Durch diesen Umstand wird das tatsächliche Mietpreisniveau nicht nur verfälscht, die Regelung führt auch dazu, dass sich die Mietpreisspirale unaufhörlich nach oben dreht. In einem Brief an seinen Parteifreund Heiko Maas, seines Zeichens Bundesjustizminister, spricht Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) deshalb auch von „einem Preiswahnsinn“, der für viele Menschen das Leben in der Stadt mittlerweile unbezahlbar mache.
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In seinem Brief bittet Reiter darum, die gesetzlichen Regelungen zu überarbeiten. Nur wenn auch alte Bestandsmieten in die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit einflößen, könne verhindert werden, dass das soziale Gefüge der Stadt aus dem Gleichgewicht gerate.
Beim Münchner Mieterverein begrüßt man Reiters Initiative. Es handle sich dabei um einen „dringend notwendigen Hinweis an den Gesetzgeber“, sagt die Vereinsvorsitzende Beatrix Zurek. Es sei für niemanden einsichtig, warum bei der Ermittlung des ortsüblichen Mietpreisniveaus nur die Vertragsabschlüsse der vergangenen vier Jahre herangezogen würden. „Wir fordern deshalb schon seit Jahren eine Reform des Gesetzes“, so Zurek.
Für die Vorsitzende des Münchner Mietervereins wäre ein Zehn-Jahres-Zeitraum, wie ihn die Große Koalition in ihre Regierungsziele hineingeschrieben hat, das Minimum. „Das wäre auch noch nicht das Nonplusultra“, sagt Zurek, aber immerhin eine Verbesserung.
Eine solche Verbesserung erhofft sich auch Oberbürgermeister Dieter Reiter. „Nur eine Streichung des Vier-Jahres-Zeitraumes“, schreibt er in seinem Brief an Bundesjustizminister Heiko Maas, „würde zu einem realistischen Abbild der ortsüblichen Vergleichsmiete führen“.
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