Abzocke mit dem Obdachlosenblatt: Falsche Mitleids-Tour

Dubiose Spendensammler sind in München aktiv. Sie sammeln für ein angebliches Obdachlosen-Blatt. Doch die Polizei warnt vor „Gaunern, die die Mildtätigkeit der Leute ausnutzen“.
von  Abendzeitung
Geht es hier wirklich um den guten Zweck? Der Verkauf einer vermeintlichen Obdachlosenzeitung in München.
Geht es hier wirklich um den guten Zweck? Der Verkauf einer vermeintlichen Obdachlosenzeitung in München. © privat

Dubiose Spendensammler sind in München aktiv. Sie sammeln für ein angebliches Obdachlosen-Blatt. Doch die Polizei warnt vor „Gaunern, die die Mildtätigkeit der Leute ausnutzen“.

MÜNCHEN Sie geben vor, für einen guten Zweck zu sammeln – dabei wirtschaften sie in die eigene Tasche: Immer wieder treiben Gauner auf der Suche nach Spendengeldern ihr Unwesen. Der jüngste Fall in München lässt aufhorchen: Zwei junge Frauen wurden am Wiener Platz beobachtet, wie sie Geld für ein angebliches Obdachlosenblättchen namens „Straßenträumer“ sammelten. Jetzt drängt sich der Verdacht auf, dass es sich dabei um organisierte Abzocke handelt.

So waren im süddeutschen Raum in jüngster Zeit immer wieder Frauen beobachtet worden, die im Auftrag von „Straßenträumer“ Spendengelder eintrieben. Offenbar ist das Obdachlosenblatt illegal. Auch der Verein, der dahinter steht, ist laut Medienberichten nicht gemeinnützig.

In München wurde jetzt AZ-Leser Alexander Keim auf die beiden Frauen am Wiener Platz aufmerksam. Sie hätten sich im Hofbräubiergarten unter die Gäste gemischt und Spendengelder eingetrieben, sagte er der AZ. Keim wurde misstrauisch, als die Frauen erzählten, mit dem Geld werde die Suppenküche am Hauptbahnhof unterstützt.

„Ich habe die Frauen nach ihrem Spendenausweis gefragt, doch sie hatten nichts vorzuweisen“, empört sich der Münchner. Mehrere Gäste hätten dennoch bis zu zehn Euro gespendet, so Keim. Er habe sofort den Wirt alarmiert, der die beiden Frauen aus dem Biergarten verwies. Die Sammelaktion auf dem Privatgelände hatten die Frauen nicht angemeldet.

Wie die AZ erfuhr, steht hinter dem Namen „Straßenträumer“ ein eingetragener Verein mit Sitz in Darmstadt. Laut der Obdachlosenzeitschrift „BISS“ handelt es sich um einen „dubiosen Verein“. Auch die Polizei im baden-württembergischen Müllheim warnt: Bisher sei ein gemeinnütziger Zweck nicht ersichtlich, bestätigte Polizeisprecher Ernst Ranft in Müllheim der AZ. Die Verkäufer aus dem südosteuropäischen Raum würden immer wieder sporadisch auftauchen, auch in anderen süddeutschen Städten.

Der Münchner Polizei ist der „Straßenträumer“ kein Begriff. Sprecher Markus Dengler warnt aber davor, dass Gauner immer wieder die „Mildtätigkeit der Leute ausnutzen“. Im Juni erst waren falsche Spender am Marienplatz unterwegs, die für das Haunersche Kinderspital sammelten. Die Klinik hat Anzeige erstattet. Die Münchner Polizei rät, nicht unüberlegt auf der Straße Geld zu spenden. Man solle stets den Spendenausweis verlangen – auch wenn die Sammler laut KVR nicht ausweispflichtig sind. Dengler rät: „Erst die Kontaktdaten abfragen “ – und später per Überweisung spenden. Anne Hund

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