Abzocke mit Corona-Tests: Staatsanwaltschaft fordert Haft
München - Ein anonymer Anruf brachte den Stein ins Rollen. Ansonsten wäre der großangelegte Betrug mit angeblichen Testungen wohl noch länger unentdeckt geblieben.
Die Polizei nahm die Ermittlungen auf und schnell wurde klar, dass es bei der Teststation, die in einem Geretsrieder Handy-Laden eingerichtet worden war, nicht mit rechten Dingen zuging. Ein Ermittler berichtet gestern zu Prozessbeginn, dass er sich selber vor Ort ein Bild gemacht hatte. Wenn die Zahl der Testungen gestimmt hätte, wären ein großer Publikumsandrang und Testungen im Zwei-Minuten-Takt notwendig gewesen. Davon war aber nichts zu sehen. Der Schwindel flog auf.
13.000 Tests abgerechnet, aber nur rund 1.000 gemacht
Gestern startete dann der Prozess gegen das Betrüger-Paar, welches die Vorwürfe einräumte. "Das war Gier", erklärt der 31-jährige Angeklagte. Seine Komplizin (34) berichtet, das man das ergaunerte Geld für Schulden und Luxus-Autos ausgegeben hat. Mehr als 13.000 Tests rechneten die Angeklagten laut Anklage bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ab. Tatsächlich waren aber nur etwa 1.000 Tests tatsächlich gemacht worden. Der KVB entstand ein Schaden von etwa 150.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft beantragt deshalb wegen Betruges dreieinhalb Jahre Haft für den Mann sowie zwei Jahre und neun Monate Haft für seine 34 Jahre alte Verlobte.
Angeklagten hätten die Pandemielage ausgenutzt
Die Verteidiger des angeklagten Paares fordern Bewährungsstrafen für ihre Mandanten. Sie betonen vor allem, wie leicht dieser Betrug aufgrund fehlender oder nur stichprobenartiger Kontrollmechanismen gefallen sei. Viel kriminelle Energie sei dafür nicht nötig gewesen.
Doch die Richterin sieht das anders. Ganz anders. Sie spricht in ihrem Urteil im Gegenteil von "hoher krimineller Energie" und von "sozialschädlichem Verhalten". Die Angeklagten hätten die Pandemielage ausgenutzt. Sie schickt beide Angeklagte ins Gefängnis: zwei Jahre und zehn Monate Haft für den Mann, sieben Monate weniger für seine Komplizin.
Der Fall ist nur die Spitze des Eisbergs: Die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) spricht von 84 Verfahren gegen namentlich bekannte und 23 Verfahren gegen namentlich unbekannte Personen bis Ende 2022, die im Zusammenhang mit dem Betrieb von Corona-Teststellen geführt werden.
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