Abzocke bei Silvester-Party auf der Praterinsel: KVR stellt Ermittlungen ein

München - Es sollte ein unvergesslicher Jahreswechsel werden, doch nach der als exklusives Event angekündigten Party "Silvester All In Praterinsel" hatten sich die Beschwerden frustrierter (VIP-)Gäste gehäuft.
Kein Verfahren gegen Veranstalter: "Keine hinreichend stichhaltigen Beweise"
Jetzt steht fest: Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) stellt seine Ermittlungen ein. "Für die Einleitung eines Verfahrens gegen die Veranstalterin liegen nach abschließenden Ermittlungen keine hinreichend stichhaltigen Beweise vor", teilte ein KVR-Sprecher am Mittwoch auf AZ-Anfrage mit.
"Nach Eingang einiger Beschwerden zur Silvesterparty auf der Praterinsel" sei in Zusammenarbeit mit der Polizei und städtischen Fachbehörden ermittelt worden, ob gegen Auflagen der Veranstaltungserlaubnis des KVR verstoßen wurde.
"Wir lieben Deutschrap GmbH" nun im Visier der Behörden
"Aussagen von Zeugen und die Sichtung von Unterlagen haben entsprechende Anhaltspunkte ergeben, denen in Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen detailliert nachgegangen wurde", erklärte der Sprecher.
Die die Silvesterparty ausrichtende "Wir lieben Deutschrap GmbH" ist nun ins Visier der Behörden geraten. Der KVR-Sprecher betont: "Aufgrund der Beschwerdelage wird der Veranstalter zukünftig im Hinblick auf die Durchführung einer sicheren Veranstaltung sehr genau überprüft inklusive Kontrollen, welche die Einhaltung von Auflagen sicherstellen werden."
Silvester auf der Praterinsel: Party-Chaos oder Gastro-Intrigen?
Rund 250 enttäuschte Besucher machten in einer eigens gegründeten Facebook-Gruppe ihrem Unmut Luft. Sie formierten sich, um möglicherweise ihr Geld zurückzubekommen, gemeinsam Betrugsvorwürfe zu platzieren oder auch das in ihren Augen mangelhafte Sicherheitskonzept anzuprangern.

Angekündigt waren den Angaben zufolge unter anderem Fingerfood-Platten die ganze Nacht, Glühwein, beheizte Outdoor-Lounges, Champagner um Mitternacht, feinstes Essen, ein exklusives Feuerwerk und Premium-Getränke.
Veranstalter Marco Sansone (Wir lieben Deutschrap GmbH) meldete sich bei der AZ und erzählte seine Version der ganzen Geschichte. Und die geht in eine ganz andere Richtung: "Diese Frau (die Administratorin der Facebook-Gruppe, Anm. d. Red.) wurde darauf angesetzt, mich und meine Firma durch den Kakao zu ziehen und meinen Ruf zu schädigen", sagte Sansone. Er habe Beweise (entsprechende Screenshots liegen der AZ vor), "dass sie auf mich angesetzt wurde". Er wollte seinen Anwalt einschalten und Strafanzeige erstatten.
Silvesterparty-Nachspiel: Facebook-Gruppe nur Vorwand?
Sansone legte noch nach: Die Frau habe ihm gesagt, gegen eine Zahlung von 500 Euro würde sie ihm verraten, wer sie damit beauftragt habe, ihn und seine Veranstaltung durch den Schmutz zu ziehen und würde die Facebook-Seite löschen.
Der Veranstalter räumte zwar ein, dass am Silvesterabend nicht alles glatt lief: "Ich stehe dazu, dass es Fehler gab." Es sei aber längst nicht alles so schlimm gewesen, wie in der Facebook-Gruppe dargestellt: "Das sind Momentaufnahmen, bei einer solchen Masse an Leuten kommst du nicht immer hinterher mit aufräumen." Es sei aber völlig falsch, den Vergleich mit dem Chaos an der Love Parade in Duisburg im Jahr 2010 zu vergleichen, wo 21 Leute starben: "Wir hatten neun Bars mit jeweils vier Personen und 25 Securitys. Das waren sicher keine Zustände wie an der Love Parade. "
Steckte also eigentlich ein Münchner Gastro-Krieg hinter der ganzen Aufregung? Sansone jedenfalls sprach von einer Kampagne gegen ihn als Veranstalter. Hinzu seien dann viele Trittbrettfahrer gekommen, die die Gelegenheit nutzten und "einfach ihr Geld zurück haben wollen".
Die Administratorin der Facebook-Gruppe wiederum reagierte gegenüber der AZ geschockt auf diese Vorwürfe von Sansone: Bei der Zahlung von 500 Euro sei es lediglich darum gegangen, das Geld für sechs Tickets wieder erstattet zu bekommen. Die Facebook-Gruppe bleibe auf jeden Fall bestehen und es gebe auch keine Auftraggeber im Hintergrund. Sie habe im Chat impulsiv gehandelt und lediglich versucht, so zu ihrem Geld zu kommen.
Vielmehr habe aber Sansone ihr in einem Nachrichten-Austausch klar gemacht, dass 99 Prozent der Gesuche um Rückerstattung sowieso abgelehnt würden.
Schwere Vorwürfe bei Facebook: Das soll in der Silvesternacht auf der Praterinsel passiert sein
Es habe billiges und verschmutztes Essen gegeben, an den improvisierten Bars seien dünne Kaffee-Pappbecher durch betrunkene Bar-Mitarbeiter gereicht worden. Von lebensbedrohlichen Situationen wegen Überfüllung und unhygienischen Zuständen ist da die Rede, auch ein Sicherheitskonzept wurde auf der hoffnungslos überfüllten Praterinsel vermisst. Und von Feuerwerk keine Spur.

Großer Unmut in der Facebook-Gruppe: "Dieser Veranstalter hat uns mutmaßlich betrogen"
"Wir müssen zusammen gegen den Veranstalter 'Wir lieben Deutschrap GmbH' vorgehen. Dieser Veranstalter hat uns mutmaßlich betrogen", schriebdie Administratorin der Gruppe.
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) kündigte an, die zur Veranstaltung eingegangenen Beschwerden auszuwerten und auch vom Veranstalter eine Stellungnahme einzuholen. Außerdem prüft die Behörde, ob Verstöße vorlagen und allenfalls auch rechtliche Schritte nötig wären. Bis 9. Januar waren zehn Beschwerden beim KVR eingegangen.
Die Käfer GmbH vermietet die Praterinsel. Gegenüber der "Bild" sagte Michael Käfer zur Silvesterparty: "Bei der Praterinsel sind bisher zehn Beschwerden zu der Feier eingegangen. Der Organisator hatte alle nötigen Genehmigungen für die Feier. Wir werden dem Fall nachgehen.“
Ehepaar: "Furchtbar enttäuscht von dieser menschenverachtenden Silvester-Veranstaltung"
Besonders hart getroffen hat es offenbar diejenigen, die teure VIP-Tickets erworben hatten. "Wir haben in großem Vertrauen auf den Namen 'Käfer Gastronomie' die beiden teuren VIP-Tickets von je 167,51 Euro erworben, zusammen 335,02 Euro. Vorher haben wir die Website der Praterinsel besucht und gesehen, dass das angesehene Unternehmen Käfer Service GmbH der exklusive Betreiber der Praterinsel ist. Insofern konnten wir für das viele Geld auch von einem netten Abendessen ausgehen und haben uns gefreut, ein schönes Silvester gemeinsam und mit anderen netten Leuten zu verbringen", schreibt ein Ehepaar auf der Facebook-Seite.

Sie seien "furchtbar enttäuscht von dieser menschenverachtenden Silvester-Veranstaltung" und stellten nach eigenen Angaben mit Hilfe eines Anwalts bei der Münchner Polizei eine Strafanzeige gegen den Veranstalter wegen vorsätzlichen Betruges.
Polizeisprecher: "Das KVR wertet die Beschwerden aus"
Ein Polizeisprecher bestätigte damals auf AZ-Anfrage, dass es entsprechende Beschwerden gebe und bezeichnete die Lage als "sehr dynamisch."
Grundsätzlich ging es um strafrechtliche (Betrugs-)Vorwürfe gegen den Veranstalter, zivilrechtliche Fragen, die mit Hilfe eines Rechtanwalts zu klären sind und um Belange des Veranstaltungsrechts. "Das Event war nicht nur die reinste Abzocke, sondern auch gefährlich und überfüllt", schreibt die Administratorin der Gruppe – und sagt im Gespräch mit der AZ: "Man kann von Glück sagen, dass nichts Schlimmeres passiert ist."
Besucherin: "Fühlte mich an die Loveparade-Veranstaltung in Duisburg erinnert"
Für mehr als 250 Gäste im sogenannten VIP-Bereich gab es offensichtlich nichts, was auch nur ansatzweise das Label "exklusiv" verdient gehabt hätte, verschmutztes Essen sei auf Papptellern mit billigem Holzbesteck serviert worden, das Buffet sei kurz vor 22 Uhr leer gewesen und den ganzen Abend nicht mehr nachgefüllt worden. "In jedem europäischen Gefängnis gibt es besseres und vollwertigeres Essen!", schreibt ein enttäuschter Gast in der Gruppe.
Zeitweise müssen sich mehr als 4.000 Gäste in dem Gebäude aufgehalten haben. An den Eingängen zu den Innenräumen habe es keine Kontrollen gegeben, heißt es weiter – nur der VIP-Bereich wurde demnach von einem einzigen Security-Mann abgeschirmt.