Abwehrsysteme gegen Einbrecher

Mit einem einfachen Schraubenzieher erzeugen Kriminelle Hebelkräfte über 600 Kilo – genug, um in die meisten Wohnung zu gelangen. Ein Experte erklärt, was man dagegen tun kann
München - Ein leises Knacken und das Fenster springt auf, als hätte es nur geklemmt. Keine zehn Sekunden hat es gedauert, und Valeri Helmut hat dazu nur einen Schraubenzieher gebraucht. So leicht kann jeder in die meisten Häuser einbrechen.
Und immer mehr machen das. Die Zahl der Einbrüche steigt rasant. 6385 Mal wurde 2013 in Bayern eingebrochen. Das sind 676 Fälle mehr als noch im Jahr zuvor. Vor fünf Jahren waren es sogar 1863 Fälle weniger.
Die Münchner Polizei hat mit einem Präventionsprogramm reagiert und lässt nun etwa Pferdestaffeln durch Wohngebiete reiten und nach Kriminellen suchen (AZ berichtete). Denn seit vergangenem Oktober gab es auch in der Stadt immer mehr Einbrüche.
Valeri Helmut ist kein Dieb. Er bricht nur Fenster auf, die dazu da sind. Valeri Helmut arbeitet als Trainer in der Akademie der Firma Abus, die Sicherheitssysteme herstellt und einbaut. Er zeigt angehenden Sicherheits-Profis, wie einfach die meisten Hausbesitzer es Einbrechern machen.
„Eine Brechstange trägt heute kaum ein Einbrecher mehr mit sich herum“, sagt er. „Schon mit so einem Schraubenzieher erreicht man Hebelkräfte von über 600 Kilo. Das reicht locker.“ Er setzt den knapp zwanzig Zentimeter langen Schraubenzieher nochmals am unteren Rand eines geschlossenen Plastikfensters an. Es ist ein ganz normales Fenster, wie es in vielen Häusern verbaut ist. Ein bisschen Hebeln. Knacks. Offen ist es.
„So gehen die meisten Einbrecher vor“, sagt Valeri Helmut. „Sie dringen so über Fenster oder Terrassentüren in das Haus ein. Ganz schnell und sehr leise.“
Ein Sicherheitssystem kann das verhindern. Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) hat ausgerechnet, dass vergangenes Jahr allein im Freistaat 1603 Einbrüche an Sicherheitstechnik scheiterten. Es gibt viele Hersteller, die technischen Einbruchsschutz wie Schlösser oder Schutzbeschläge anbieten, ebenso für Alarmanlagen. Bloß hat kaum jemand so etwas.
Eingebrochen wird nicht nur in Villen
Dabei seien Sicherungs- und Alarmsysteme nicht nur für reiche Villen-Besitzer geeignet, sagt Marco Schmitt. „Ab 3000 Euro kriegen Sie einen guten Basis-Schutz vom Profi“, rechnet der Abus-Vertriebsleiter vor. Er empfiehlt ein mechatronisches System, das heißt: Mechanische Teile, die den Einbrecher aufhalten plus elektronisches Zubehör, das Alarm schlägt und den Täter überführt.
Und so funktioniert’s: An Fenstern und Türen werden zusätzliche Schlösser angebracht, die Hebelkräfte von mehr als einer Tonne aushalten sollen. Außerdem melden diese einen Aufbrech-Versuch gleich an die „Zentrale“, die Steuereinheit des Systems.
Was dann passiert, entscheidet der Käufer: Er kann sich etwa per SMS oder Anruf benachrichtigen oder einen Notruf an einen Sicherheitsdienst schicken lassen. Auch ein Videosystem könnte in diesem Fall aktiviert werden und die Täter filmen. Natürlich heult auch ein Alarmsignal los.
Bei Abus ist man stolz auf diese mechatronischen Systeme. „Die Polizei empfiehlt meist nur mechanischen Schutz“, sagt Marco Schmitt. „Wer wirklichen Schutz will, sollte aber zusätzlich auf Elektronik setzen“, meint er.
Aufmerksame Zeugen sind hilfreich - aber auch Glückssache
Da diese Anlagen auch mit Funk arbeiten, könne man sie nachrüsten, ohne Wände aufzureißen – und bei einem Umzug sogar mitnehmen. Deshalb kann man sich grundsätzlich auch als Mieter so ein System zulegen. Die Statistik der Polizei zeigt: Eingebrochen wird nicht unbedingt in Villen – sondern dort, wo es schnell, einfach und unbemerkt geht.
Freilich gibt es noch eine ganz andere Sicherheitstechnik: die Menschliche. Der Statistik des LKA zufolge wurden 2013 insgesamt 325 Einbrüche durch aufmerksame Nachbarn oder andere Zeugen verhindert. Das kostet dann gar nichts. Aber man braucht halt auch ein bisschen Glück, dass gerade jemand schaut und die Situation erkennt. Denn beim leisen Knacksen eines aufgehebelten Fensters schreckt niemand hoch.