Ablichtung und Lautraum: Verstehen Sie die Behörden?
München - Beteiligungsumgriff. Bedarfserfüllung. Übertragener Wirkungskreis... In vielen Behörden-Texten wimmelt es nur so vor solchen Wort-Ungetümen. Der Laien-Leser muss sich entweder mühsam durchkämpfen. Oder er kapituliert, bevor er überhaupt verstanden hat, was das Amt ihm mitteilen will. Da macht München keine Ausnahme. Die Stadtkanzlei druckt im Jahr für die Verwaltung 10000 Aufträge. Zusätzlich erstellen die einzelnen Referate Dokumente – zum Beispiel Beschlussvorlagen für den Stadtrat.
Um die zu analysieren, hat die AZ Helmut Ebert (54), Professor für Germanistische Linguistik, konsultiert. Einen Mann, der sich für die Vereinfachung der Amtssprache einsetzt. Er kommt zu dem Ergebnis: Auch in München wird mitunter ganz schön viel Fach-Chinesisch gesprochen (siehe Print-Mittwochsausgabe der AZ). Viele deutschlandweit gefundene Beispiele aus dem Beamtenjargon finden Sie in der Bilderstrecke oben.
Stadtsprecher Stefan Hauf erklärt: „Vorlagen sollten möglichst knapp und verständlich gefasst sein – das ist eine Generalanweisung.“ In Fortbildungsprogrammen der Stadt gebe es außerdem verschiedene Angebote, darunter eine Schreibwerkstatt und ein Korrespondenztraining.
CSU-Urgestein Hans Podiuk ist seit 34 Jahren im Stadtrat. „Man gewöhnt sich diese Sprache mit der Zeit auch an“, sagt er. Eigentlich seien Stadtratsvorlagen, die im Internet übrigens für jeden Bürger abrufbar sind, für Spezialisten formuliert. „Aber nicht jeder Stadtrat ist in jeder Frage Spezialist“, sagt Podiuk. Wie verständlich ein Text sei, hänge maßgeblich davon ab, welcher Verwaltungsmitarbeiter ihn verfasst habe.
„Die Begabungen, Vorlagen zu schreiben, hat der Herrgott nicht gleichmäßig verteilt“, sagt Podiuk. Oft seien die Texte sehr „interpretationsfähig“. Wenn irgendwo stünde: „Das Vorhaben könnte gewissen Schwierigkeiten begegnen“, dann bedeute das eigentlich: „Wahrscheinlich ist die Sache unmöglich.“