Abgeschoben trotz Morddrohungen der Familie

Eine lesbische Kosovarin muss München verlassen, obwohl ihre Familie daheim ihr mit Ehrenmord droht. Eine Petition bleibt nutzlos.
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Das „Balkanzentrum“ in Bamberg: Besa Dushku hatte Angst, hier untergebracht zu werden. Sie kommt in ein Frauenhaus.
dpa Das „Balkanzentrum“ in Bamberg: Besa Dushku hatte Angst, hier untergebracht zu werden. Sie kommt in ein Frauenhaus.

Besa Dushku (23) ist ein Teenager, als sie merkt, dass sie Frauen liebt. Es ist eine Erkenntnis, die ihr Leben in den Augen ihrer Familie wertlos macht. Dushku stammt aus Kosovo, ein Land, in dem die Mehrheitsgesellschaft gleichgeschlechtliche Liebe als eine Krankheit ansieht und Lesben und Schwule mit dem Tod bedroht werden. In Deutschland wollte Dushku ein sicheres Leben beginnen – doch die junge Frau wurde gestern aus München abgeschoben.

Kosovo ist ein Land, das auf dem Papier Gewalt gegen Homosexuelle verbietet. In der Realität, so sagen Menschenrechtsgruppen, erleben Schwule und Lesben jedoch täglich Diskriminierung, werden wie Besa Dushku brutal kontrolliert.

Dushku heißt in Wirklichkeit anders. Die junge Frau hat Angst vor ihren Verwandten. Als ihre Familie merkt, dass die damals 17-Jährige lesbisch ist, zwingt der Vater sie, sich mit einem fast zehn Jahre älteren Mann zu verloben. Ihr Verlobter vergewaltigt Dushku über mehrere Monate hinweg. Der Bruder drückt Zigarettenkippen auf ihrer Haut aus, versucht, sie zu ersticken, um ihr Angst zu machen.

Die Familie suchte nach Dushku - zwang sie zur Flucht

Endlich gelingt ihr die Flucht in die Hauptstadt Pristina. Sie lebt vier Jahre dort, wohnt versteckt mit einer Frau zusammen, studiert. Doch es ist ein Leben im Verborgenen, das ständig bedroht ist.

Als ihr Vater und Bruder herausfinden, wo sie studiert, stellen sie Dushku nach. Sie habe die Ehre der Familie beschmutzt, glauben sie. Weil sie sich aus der Verlobung gelöst hat – und nicht so liebt, wie man es von ihr erwartet. Dushku wechselt den Studiengang. Das hilft nur kurz.

Lesen Sie hier: Menschenkette als Zeichen gegen Ausgrenzung

Vergangenes Jahr beschließt sie, aus Kosovo zu fliehen. Eine Gruppe kosovarischer Männer bringt sie nach Westeuropa. Dushku will nach Deutschland, sie kennt das Land und die Sprache. Als Kind war sie während des Balkankriegs hier. Doch ihre Schlepper zwingen sie, weiter nach Schweden zu fahren. Im dortigen Flüchtlingsheim drangsalieren sie sie.

Dushku flieht zurück nach Deutschland und beantragt Asyl. Sie soll im Balkanzentrum in Bamberg untergebracht werden. Weil sie Angst hat, von den Kosovaren dort erkannt zu werden, kommt sie in ein Frauenhaus bei München.

BAMF: "Minderheiten können sich gegen Übergriffe wehren"

Dushkus Asylantrag wird abgelehnt, nach Aktenlage. Dushku war nicht zur Anhörung erschienen. Ihre Anwältin soll um eine Terminverschiebung gebeten haben, das kam beim Sachbearbeiter aber nie an. „Der Fall ist für uns klar“, sagt eine Sprecherin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Kosovo ist ein sicheres Herkunftsland, Minderheiten könnten sich gegen Übergriffe wehren. Die Asylentscheidung von Besa Duskhu sei zudem gerichtlich bestätigt worden.


Rita Braaz von der Lesbenberatung Letra. Quelle: ho

„Für lesbische Frauen ist Kosovo kein sicheres Herkunftsland“, widerspricht Julia Serdarov von der Lesbenberatung Letra. „Ein Härtefall“, findet auch ihre Kollegin Rita Braaz. Sie haben gestern beim Bayerischen Landtag eine Petition eingereicht. Am selben Tag, an dem das Gericht Dushku eine Absage erteilt hat. Es ist trotzdem zu spät. Gestern um acht Uhr früh wird Dushku von der Bundespolizei aus dem Frauenhaus abgeholt. Kurz nach Mittag sitzt sie im Flieger.

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