Abgefahrenes Angebot: Impftram in München gestartet

Mit der Tram will die Stadt die Menschen motivieren, sich zu impfen. Dabei fehlt ein Plan, wie es mit dem Impfzentrum weitergeht.
von  Christina Hertel
Die Impftram am Montag am Wettersteinplatz in München.
Die Impftram am Montag am Wettersteinplatz in München. © Bernd Wackerbauer

München - Um etwa 10.30 Uhr ist Berima Kaye nicht nur geboostert, er ist auch für einen kurzen Augenblick ein Star. Am Montagmorgen hat er die Corona-Spritze von Professor Dr. Roland Schmidt erhalten, der sonst die Fußballer des FC Bayern verarztet - und zwar in keiner Praxis, sondern in einer Tram am Wettersteinplatz in Giesing.

Große Prominenz war bei der Eröffnung anwesend

Der ehemalige Torwart und derzeitige Bayern-Chef Oliver Kahn, der bayerische Gesundheitsminister, die Münchner Bürgermeisterin, die Münchner Gesundheitsreferentin, der Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft sowie der Münchner Wirtschaftsreferent schauten zu - ebenso wie ein ganzer Tross an Kameraleuten, Fotografen, Reportern, Radio- und Printjournalisten.

Zur Belohnung bekam Berima Kaye, ein 52-jähriger Taxifahrer, noch ein rotes Bayern-Trikot mit Autogramm.

Bayern-Chef Oliver Kahn und Gesundheitsminister Klaus Holetschek.
Bayern-Chef Oliver Kahn und Gesundheitsminister Klaus Holetschek. © Bernd Wackerbauer

Trotz vieler Aktionen hinkt München hinterher

München impft auf dem Marienplatz, in Einkaufszentren, in der Uni, in Bibliotheken, sogar in der Oper und im Riesenrad im Werksviertel gab es Aktionen - trotzdem hinkt die Stadt hinterher. Hier haben 70,1 Prozent ihre zweite Impfung erhalten. In Bremen sind es 87,8 Prozent. Weil München sonst von den Mietpreisen bis zur Bundesliga überall Meister ist, wurde es höchste Zeit, sich etwas einfallen zu lassen.

Geimpft wird seit gestern auch in einer Tram. Allerdings fährt sie nicht, sondern steht noch bis Ende April an verschiedenen Wendeschleifen und Haltestellen - vom Frankfurter Ring bis zur Hochschule.

Um die 150 Menschen sollen in der Tram am Tag geimpft werden.
Um die 150 Menschen sollen in der Tram am Tag geimpft werden. © Sven Hoppe/dpa

Chefarzt im Impfzentrum ist glücklich über die Kampagne

Auch auf ein Autogramm von Oliver Kahn braucht man nicht zu hoffen. Sein Einsatz war nur das Marketing zum Anschub, ungefähr eine halbe Stunde lang von 10 bis 10.30 Uhr. Die Kosten für die Impftram liegen bei 110.000 Euro. Allein das Bekleben kostete 13.000 Euro, erfuhr die AZ.

Der Chefarzt im Impfzentrum, Philipp Kampmann, ist trotzdem froh über die Kampagne. Momentan, schätzt er, kommen am Tag etwa 1.000 Impfwillige nach Riem. Zu Spitzenzeiten seien es neun Mal so viele gewesen. Erklären kann er sich das nicht. "Corona ist omnipräsent." Trotzdem bleiben die Leute zu Hause.

Ob ein Grund für die Impfmüdigkeit ist, dass sich für viele Münchner der Weg nach Riem wie eine kleine Reise anfühlt? Kampmann meint, einen besseren Ort mit einer höheren Kapazität, mit mehr Parkplätzen, mehr Flexibilität habe es nicht gegeben.

Ende März endet der Vertrag mit der Messe München

Trotzdem ist es damit bald vorbei. Ende März läuft der Vertrag mit der Messe aus. Wie die Stadt damit umgeht? Ob sie die Kapazitäten am Gasteig ausweitet oder noch mehr Impftrams in die Viertel schickt?

Einen fertigen Plan gibt es laut Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) nicht. Fest steht allerdings, dass die Impfzentren in Bayern noch bis Ende des Jahres bestehen bleiben. So hat es das bayerische Kabinett vor Kurzem beschlossen. Das heißt: In den nächsten Wochen muss sich die Stadt nach einem Ersatz umsehen.

Bis kommende Woche bleibt die Impfaußenstelle Pasing wegen notwendiger Umzugsarbeiten geschlossen.


Hier macht die Impftram immer von 10.30 Uhr bis 17.30 Uhr Halt

Dienstag, 15. Februar, an der Wendeschleife St.-Veit-Straße

Mittwoch, 16. Februar, Schwabing Nord, Frankfurter Ring/Ecke Weißenhofweg

Donnerstag, 17. Februar, an der Wendeschleife Effnerplatz

Freitag, 18. Februar, an der Ackermannschleife, Schwere-Reiter-Straße/ Ackermannstraße

Samstag, 19. Februar, an der Wendeschleife St. Emmeram, Cosimastraße/Ecke Oberföhringer Straße

Sonntag, 20. Februar, an der Wendeschleife Hochschule München


Mittel sind für die Tram nach AZ-Informationen bis Ende April freigegeben. Eine Verlängerung ist denkbar, aber die Stadt will evaluieren, wie die Münchner das Angebot annehmen. Sorgen ausräumen und über die Impfung informieren sollen ab Anfang März sogenannte "Impfguides", die die Stadt in die Viertel schickt.

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