75 Euro und Überstunden: Der Frust der Wahlhelferin

München - Maria E. ist verärgert. Am Sonntag trat die 80-Jährige als Wahlhelferin an. In der Messe zählte sie Briefwahlunterlagen aus. Erst gegen drei Uhr in der Früh konnte sie nach Hause. 75 Euro bekam sie dafür. Nicht viel Geld.
Aber darüber hätte sie sich wohl gar nicht beklagt. Was sie wirklich aufbringt, ist etwas anderes.
Vor Ort bekam Maria E. nämlich mit: Während sie nur die pauschalen 75 Euro für ihr Engagement erhält, können sich städtische und staatliche Beschäftigte über die gleiche Summe und zusätzlich über einen freien Tag freuen. „Das ist eine Ungleichbehandlung, das finde ich nicht in Ordnung“, sagt die Rentnerin. Zumal sie auch bei den anderen Wahlhelfern beobachtet hat: „Die Leute, die dort waren, haben das, bis auf Einzelne, nicht aus Idealismus gemacht.“ Sondern wegen des Geldes.
Was Maria E. berichtet, stimmt. Tatsächlich motiviert die Stadt München ihre Mitarbeiter mit dem Anreiz eines freien Tages, sich als Wahlhelfer anzubieten. Diesen Freizeitausgleich gibt es allerdings auch nur dann, wenn man in München selbst beim Auszählen hilft. Wenn sich ein Stadt-Angestellter in einer der Umlandgemeinden als Wahlhelfer engagiert, bekommt er diese Vergünstigung nicht. Doch das nur am Rande.
Auch Peter Günther vom Münchner Wahlamt weiß, dass viele Rentner, Studenten und Schüler bei der Auszählung mit anpacken, „um ihr Einkommen zu verbessern.“ 80 bis 90 Prozent der Wahlhelfer arbeiteten jedoch im öffentlichen Dienst.
Was sagt er zum Vorwurf, die Regelung zur Wahlhelfer-Entschädigung sei ungerecht? „Subjektiv kann man es so sehen“, gesteht Günther zu. Er betont aber: „Das Ganze ist ein Ehrenamt.“ Anderen Angestellten als den eigenen könne die Stadt ja auch gar keinen freien Tag gewähren. „Man kann beides nicht vergleichen“, findet er. Zudem sei selbst bei den Beschäftigten der Stadt „sehr sanfter Druck“ nötig, um genügend von ihnen zusammenzubringen.
Maria E. hat für sich eine Entscheidung getroffen. Eigentlich hatte die 80-Jährige sich auch als Freiwillige für die Bundestagswahl ein."