700.000 Euro veruntreut - auch an Jan Ullrich?

Der Buchhalter soll Geld abgezweigt haben, um mehrere Rad-Profis zu unterstützen. Peter R. (57) war bei den Radler wie Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich beliebt.
von  Torsten Huber
Der Angeklagte (re.): Peter R. sponsorte Rad-Profis. Bekam Jan Ullrich Geld vom Buchhalter?
Der Angeklagte (re.): Peter R. sponsorte Rad-Profis. Bekam Jan Ullrich Geld vom Buchhalter? © Torsten Huber/ddp

München - Bei den Profi-Radrennfahrern wie Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich war Buchhalter Peter R. (57) sehr beliebt, weil er mit Geld nur so um sich werfen konnte. Er sponserte Rad-Profis, spendierte Freunden 1000-Euro-VIP-Karten für den Kampf ums Gelbe Trikot, reservierte für 3000 Euro die VIP-Lounge in der Allianz Arena, kaufte Radl-Trikots für über 2600 Euro und mehrere Rennräder im Wert von über 7000Euro.

Finanzieren konnte der Buchhalter sein Sponsorenleben durch den Griff in die Firmenkasse. 731104 Euro hat der geständige Familienvater vom Konto einer Druckerei in Hausham abgezweigt und zum Großteil in den Radsport gesteckt. „Mit einem Spendenmarathon, den die Rad-Profis veranstalten, fing 2002 alles an. Ich habe 25000 Euro von meinem Ex-Arbeitgeber gespendet“, gab Peter R. zu und erklärte: „Die Druckerei hat 30 Millionen Jahresumsatz gemacht!“

Der Vorsitzende Richter Martin Rieder meinte: „Da fällt wohl nicht auf, wenn kleine Summen fehlen.“ Sein Chef soll ihm „blind vertraut“ haben: „Ich war praktisch mein eigener Controller. Jeden Scheck hat er unterzeichnet. Er fragte nie nach.“ Bis Anfang 2011 eine zweite Buchhalterin eingestellt wurde und die Unregelmäßigkeiten aufflogen. Der gelernte Bürokaufmann hatte vorher zehn Jahre bei SportScheck gearbeitet.

Als die Buchhaltung nach Hamburg verlegt wurde, kam es im Einvernehmen zur Vertragsaufhebung. Peter R.: „Das war 2001. Ich bekam 75000 Euro Abfindung, machte erst einmal Urlaub.“ Er besuchte seine Familie in Baden Württemberg, traf dort auf Jan Ullrich. Als Ullrich mit seinen Profi-Kollegen Jens Heppner und Andreas Klöden den Angeklagten später in Miesbach besuchte, war was los in der Reihenhaus-Siedlung.

„Das war für alle ein Erlebnis“, sagt der Angeklagte. Auch als Jan Ullrich wegen Alkoholproblemen am Tegernsee kurte, kümmerte sich Peter R. um den Sportler, der 2007 seine Profi-Karriere beendet hat. „Ich habe für ihn Chauffeur gespielt, weil er keinen Führerschein mehr hatte. Die ,Bild’-Zeitung hat damals geschrieben ,Falsche Freunde animieren ihn zum Disco-Besuch’. Mich haben sie als den arbeitslosen Peter R. dargestellt“, so der Angeklagte. Der Prozess dauert an.

 

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