6000 Menschen ohne ein Zuhause

In München ist die Zahl der Wohnungslosen stark angestiegen. Die Stadtverwaltung fordert mehr Personal und sucht neue Räume.
von  Julia Lenders
Schlafen auf der Parkbank: Etwa 550 Menschen in München bleibt nichts anderes übrig. Sie sind obdachlos.
Schlafen auf der Parkbank: Etwa 550 Menschen in München bleibt nichts anderes übrig. Sie sind obdachlos. © Imago

München - Die Attraktivität und der Erfolg unserer Stadt werden für finanzschwache Menschen immer mehr zum Problem – weil sie im teuren München nicht mehr mithalten können. Einen drastischen Beleg dafür liefert die Entwicklung der Wohnungslosenzahlen, die gestern Thema im Sozialausschuss des Stadtrats war.

5520 Haushalte und damit rund 6000 Menschen hatten Ende vorigen Jahres keine eigene Bleibe mehr. Das entspricht einem Anstieg um 1000 Haushalte innerhalb nur eines Jahres. Allein von März auf April war die Zahl der akut Wohnungslosen zuletzt nochmal um rund 140 gestiegen.

Wo kommen all diese Menschen unter? „Die Plätze, die wir haben, sind rappelvoll“, sagt Wohnungsamtsleiter Rudolf Stummvoll. 3017 Menschen bringt die Stadt in Pensionen, Notquartieren und Clearinghäusern unter. Weitere rund 400 Wohnungslose werden von Verbänden beherbergt – oder leben in Flüchtlingsunterkünften, obwohl sie bereits eine Aufenthaltsgenehmigung hätten.

Etwa 550 Menschen haben gar kein Dach über dem Kopf. Ihr „Zuhause“ sind Münchens Straßen, Brücken, Bahnhöfe.

Dann gibt es noch etwa 1000 Wohnungslose, die in sozialen Einrichtungen betreut werden. Und all jene, die ihre Wohnung verloren – und bei Freunden oder Familie nächtigen: nochmal rund 1000.

Wohnungsamtsleiter Stummvoll sagt: „Ich traue mich nicht, eine Prognose abzugeben, wo wir Ende nächsten Jahres stehen.“ Die Hauptgründe für die besorgniserregende Entwicklung: der angespannte Wohnungsmarkt, der hohe Zuzug – vor allem aus Ost- und Südeuropa. Und eine Zunahme wohnungsloser Großfamilien, die besonders schwer unterzubringen sind.

Was tut die Stadt? Sie sucht nach neuen Herbergen und nimmt dabei auch die Liste leerstehender Stadt-Gebäude zur Hilfe. Eine Hand voll Wohnungen konnten so schon belegt werden. Bei 40 bis 50 weiteren müssen zuerst Renovierungen durchgeführt werden.

Außerdem hat der Sozialausschuss der zentralen Wohnungslosenhilfe gestern viereinhalb neue Stellen bewilligt. „Ein extrem harter Job“, weiß CSU-Mann Marian Offman.

So kommt es immer wieder zu verbalen Übergriffen auf die Mitarbeiter – und in Folge dessen zu Hausverboten.

Nur die FDP stimmte der Personalaufstockung nicht zu. Der Grund: Die Liberalen hätten gerne gesehen, dass die Stellen befristet werden.

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