50 Jahre Autobahn-Cops

Seit einem halben Jahrhundert gibt es die APS Holzkirchen: Bis zu 100.000 Fahrzeuge queren täglich ihr Revier an der A8 bis zum Irschenberg.
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Schwere Unfälle ist der Alltag der Autobahnpolizei Holzkirchen. Der umgekippte Sattelzug verlor seine Ladung auf einer Wiese - der Unfallverursacher ist flüchtig.
Reisner Schwere Unfälle ist der Alltag der Autobahnpolizei Holzkirchen. Der umgekippte Sattelzug verlor seine Ladung auf einer Wiese - der Unfallverursacher ist flüchtig.

Seit einem halben Jahrhundert gibt es die APS Holzkirchen: Bis zu 100.000 Fahrzeuge queren täglich ihr Revier an der A8.

HOLZKIRCHEN Erst Anfang der Woche war wieder einer dieser Einsätze, die auch noch so abgebrühte Polizisten nicht kalt lassen. Ein 67-Jähriger kracht mit seinem Auto auf der A8 Salzburg- München südlich der Landeshauptstadt unter den Auflieger eines Sattelzuges. Der Mann stirbt, seine drei Jahre jüngere Ehefrau wird mit schwersten Kopfverletzungen ins Krankenhaus geflogen.

„Man ist schon noch ein Mensch, aber man muss in so einer Situation zuerst seine Arbeit machen“, sagt Helmut Heinrich, seit mehr als 30 Jahren bei der Autobahnpolizei in Holzkirchen beschäftigt. Einsätze wie dieser sind für die Beamten der Autobahnpolizeistation Holzkirchen trauriger Alltag.

Mit einem Festakt feiert die APS, wie die Dienststelle im Polizeijargon heißt, an diesem Freitag ihr 50-jähriges Bestehen. Die Station ist für eine 42 Kilometer lange Strecke auf der A8 zuständig – von der Münchner Stadtgrenze bis zum berüchtigten Irschenberg. Sie betreut zudem die A995 vom Brunnthaldreieck bis München-Giesing – noch einmal 12 Kilometer.

Auch die Geschwindigkeitsüberwachung des Verkehrs im Landkreis Miesbach gehört zu ihren Aufgaben. Täglich fahren auf der A8 an dieser Stelle zusammen mehr als 100 000 Fahrzeuge in beide Richtungen, mehr als 10 000 davon Lastwagen. 2011 gab es im Bereich der APS Holzkirchen an die 700 Unfälle.

Bei 148 Karambolagen gab es Verletzte, fünf Menschen verloren ihr Leben. „Der Lkw-Verkehr hat enorm zugenommen“, sagt Waltraud Lipinski. Der Druck auf die Fahrer, ihre Fracht trotz der vorgeschriebenen Ruhepausen so schnell wie möglich ans Ziel zu bringen, sei deutlich gestiegen.

Die Dienstgruppenleiterin überwacht auf zahlreichen Monitoren d as Verkehr saufkommen auf der A8 und steuert sämtliche Einsätze. Mehr Verkehr auf den Straßen, weniger Unfälle – das ist auch ein Erfolg der Vorsorgemaßnahmen der Polizei. Die 37 Beamten der APS Holzkirchen sind ständig auf der A8 unterwegs f ür Abstandsmessungen und Geschwindigkeitskontrollen.

Angetan ist Martin Irrgang von der Verkehrspolizei in Rosenheim – ihr ist die APS unterstellt – auch von den so genannten Beeinflussungsmaßnahmen auf den Schilderbrücken über den Fahrbahnen. „Die elektronischen Tempobegrenzungen oder Stauwarnungen haben zu einem Rückgang der Unfallzahlen um 40 Prozent geführt“, sagt der Inspektionsleiter.

Und wenn es doch gekracht hat, sind die Beamten schnell am Unfallort. Aber: „Die Autobahn ist ein gefährlicher Arbeitsplatz“, sagt Cordula Göbel. Die APS-Chefin ist froh, dass sich die Ausrüstung der Beamten etwa mit knallgelber Schutzkleidung samt Leuchtstreifen und die Ausstattung der Einsatzfahrzeuge erheblich verbessert hat.

Außerdem schwört sie auf die Zusammenarbeit mit der Autobahnmeisterei und den Rettungsdiensten. Der schlimmste Unfall im Bereich der Holzkirchner APS ereignete sich am 18. Januar 1985. In einer Nebelbank – die Sicht betrug keine 50 Meter – krachten im morgendlichen Berufsverkehr an der Anschlussstelle Holzkirchen 24 Autos und 8 Lastwagen ineinander.

Die erschütternde Bilanz: 7 Tote und 17 Schwerverletzte. 6 Opfer verbrannten bis zur Unkenntlichkeit. 17 Autos und 3 Laster brannten aus. Die Rettungskräfte hörten die Hilfeschreie der Eingeklemmten, die durch die enorme Hitze nicht mehr aus den verkeilten Wracks geborgen werden konnten.

Der Einsatz vor mehr als 27 Jahren zeigte den Beamten die Grenzen ihrer psychischen Belastbarkeit auf. „Obwohl Winter war, breitete sich an der Unfallstelle große Hitze aus“, erinnert sich der 57-jährige Heinrich. Damals gab es noch keine Kriseninterventionsteams und keine Notfallseelsorger.

Heute stehen Polizeipsychologen traumatisierten Beamten bei oder es kommt auch Tegernsees katholischer Pfarrer Walter Waldschütz an den Unfallort. Wenn Menschen bei einem Unglück ihr Leben verlieren, hält der ausgebildete Feuerwehrmann mit den Einsatzkräften noch an Ort und Stelle eine religiöse Andacht.

Die Hinterbliebenen der Opfer sind dafür dankbar. So schrieb der Bruder eines bei Holzkirchen tödlich verunglückten Lastwagenfahrers an Waldschütz: „Es gibt nichts, was höher anzurechnen wäre.“

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