5-Euro-Knöllchen: Taxler geht ins Gefängnis

Der Münchner (55) hat die Parkzeit überzogen. Er findet aber, dass Taxen überhaupt keine Parkgebühren bezahlen sollten – und nimmt dafür einen Aufenthalt in Stadelheim in Kauf
München - Der Münchner Taxler Marek Stepanek (55) sagt von sich: „Ich bin ein Überzeugungstäter.“
Sein Vergehen: Er hat zwar einen Parkzettel gelöst, die Parkzeit dann aber um 20 Minuten überzogen. Als er vom Mittagessen kommt, klemmt der Strafzettel an der Scheibe: 5 Euro, bitteschön. Auch diverse Mahngebühren später ist für den Taxler klar: „Ich zahle das nicht.“ Jetzt steht ihm eine Erzwingungshaft bevor. Die er auch antreten will.
Denn selbst die kann ihn nicht schrecken.
„Ich bin aufmüpfig“, sagt Stepanek. „Es geht mir nicht um die fünf Euro.“ Sondern?
Seine Argumentation: Taxifahrer seien Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes: „Wenn ein Busfahrer in die Kantine geht, dann stellt er seinen Bus auch irgendwo ab“ – und zwar ohne Parkgebühren zu entrichten. Er aber müsse jährlich bis zu 300 Euro zahlen, wenn er sein Auto nur mal kurz abstellen wolle. Das findet Marek Stepanek ungerecht. Und deswegen weigert er sich, das Bußgeld zu begleichen. Seit eineinhalb Jahren übrigens.
Als das zuständige Amtsgericht Viechtach ihm mitteilte, dass eine Erzwingungshaft von einem Tag gegen ihn angeordnet werde, schrieb Stepanek der Richterin einen Brief. Das Schreiben schloss so: „Bitte teilen Sie mir mit, wenn die Stelle für einen freiwilligen Taxi-Märtyrer in Ihrem Zuchthaus frei wird, Abteilung Querulanten und aufmüpfige Untertanen.“ Dann bat er darum, ihm vorab zu genehmigen, Bücher mit in den Zwangsurlaub zu nehmen.
Dass gegen Zahlungsunwillige eine Erzwingungshaft angeordnet wird, ist keine Seltenheit. „Das ist tägliches Brot“, erklärt Hermann Lerch, der Leiter der Verkehrsabteilung vom Amtsgericht München. Allein dort werden etwa 1000 Erzwingungshaften angeordnet – jeden Monat, wohlgemerkt. Auch dass Menschen wegen Parkverstößen und Bußgeldern von fünf bis zehn Euro einen Kurzausflug ins Gefängnis unternehmen, komme recht häufig vor. „Wenn man nicht versuchen würde, das durchzusetzen, kann man Kleingeldbußen vergessen“, meint Lerch.
Ein Fall wie der von Marek Stepanek dürfte wohl trotzdem eher selten sein. Weil er das Bußgeld, das inzwischen von fünf auf 60 Euro angewachsen ist, nicht aus Finanznot oder Vergesslichkeit schuldig bleibt. Sondern aus Prinzip. „Die Stadt müsste mehr für die Taxifahrer tun“, sagt er. Seine Forderung: Eine Dreiviertelstunde kostenloses Parken für sich und seine Kollegen – bei jedem Halt.
Sein Stundenlohn läge inzwischen bei unter fünf Euro, erzählt Stepanek. Auch weil die öffentlichen Verkehrsmittel mit der Zeit immer weiter ausgebaut worden seien. „Wir sind eigentlich Tagelöhner geworden.“ Erst wenn die S-Bahn ausfällt, „erinnert man sich gerne an einen stiefmütterlich behandelten Zweig des öffentlichen Verkehrs“, klagt der Taxler, der schon während seines Studiums Fahrgäste kutschiert hat. Nur zum Hintergrund: Laut Gesetz gehören Taxen tatsächlich zum öffentlichen Personennahverkehr – und zwar dann, wenn sie den Linienverkehr mit Bussen und Bahnen „ersetzen, ergänzen oder verdichten“.
Jetzt bleibt Stepanek nur, auf seine Vorladung zu warten. Über den Tag im Gefängnis – vermutlich in Stadelheim – sagt er: „Sollte ich etwa Angst davor haben?“ Nur dem Essen dort sehnt er sich nicht gerade entgegen. Zahlen muss der selbst ernannte „Taxi-Märtyrer“ übrigens trotz Erzwingungshaft. Zumindest theoretisch. Tatsächlich kann kein weiterer Tag Gefängnis in dieser Sache angeordnet werden.