44-Jähriger nach 22 Jahren angeklagt

1990 wird die Schwabingerin Elisabeth Goscinska vergewaltigt und ermordet. Ein Zufallstreffer im DNA-Register hat jetzt zu dem Verdächtigen geführt
Johanna Jauernig |
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So berichtete die AZ im September 1990 über den Mordfall in Schwabing.
az So berichtete die AZ im September 1990 über den Mordfall in Schwabing.

1990 wird die Schwabingerin Elisabeth Goscinska vergewaltigt und ermordet. Ein Zufallstreffer im DNA-Register hat jetzt zu dem Verdächtigen geführt

Schwabing - Es war ein furchtbares Sexualverbrechen: Im Treppenhaus vor ihrer Wohnung wurde Elisabeth Goscinska († 63) vergewaltigt, gewürgt und durch Bisse in den Hals getötet. Ihr Mörder konnte nie gefasst werden. Jetzt – 22 Jahre nach der Tat – hat die Staatsantwaltschaft München Anklage gegen den 44-jährigen Ismat O. erhoben. Ein routinemäßiger DNA-Abgleich hatte die Ermittler auf seine Spur gebracht.

Der Fall im September 1990 erschütterte die Münchner. Die lebenslustige polnische Witwe Elisabeth Goscinska war unter dem Spitznamen „Kitty“ den Schwabingern gut bekannt. Die Rentnerin jobbte gelegentlich in einem Spielsalon. Außerdem war sie oft in Kneipen und Stehcafés unterwegs und lernte dort viele Leute kennen.
In der Nacht auf den 9. September machte sie ihre letzte Bekanntschaft – eine tödliche. In einer Kneipe in der Schleißheimer Straße kam sie mit einem jungen Mann ins Gespräch und nahm ihn mit nach Hause. Zeugen sahen sie gegen 23 Uhr in Begleitung eines Mannes in der Nähe ihrer Wohnung in der Heßstraße. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich um den damals 22-jährigen Ismat O. handelte.

Kurze Zeit später hörten die Nachbarn, wie Elisabeth Goscinska im Treppenhaus heftig mit einem Mann stritt. Da die Witwe und ihre Gäste sich aber häufiger lautstark ins Gehege kamen, schenkten die Nachbarn dem Streit keine Aufmerksamkeit.

Möglicher Anlass der Auseinandersetzung: Die 63-Jährige hatte ihren Wohnungsschlüssel im Spielsalon liegen lassen. Doch so lange wollte der Triebtäter nicht warten. Er würgte die Frau und vergewaltigte sie – in welcher Reihenfolge ist noch unklar. Die Obduktion ergab, dass die Frau an ihrem eigenen Blut erstickte, dass durch Bisswunden im Hals ihre Atemorgane füllte.

Zwei Stunden später fanden die Nachbarn Elisabeth Goscinskas Leiche. Doch trotz zahlreicher Zeugen stießen die Ermittler nie auf eine heiße Spur. Ein halbes Jahr später wurde der Fall eingestellt.

Doch jetzt erhebt die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Ismat O., einen gebürtigen Libanesen. Der 44-jährige Staatenlose war vor einem Jahr in Tübingen festgenommen worden, dabei gab er freiwillig eine DNA-Probe ab. Die wurde in die Datenbank eingespeist – und landete einen überraschenden Treffer. Das Erbmaterial stimmte mit der DNA überein, die Ermittler vor gut zehn Jahren aus den Materialspuren vom Schwabinger Tatort gewannen. Zu dieser Zeit wurden zahlreiche ungeklärte Fälle mit der neuen DNA-Technologie neu untersucht.

Seit Mai sitzt Ismat O. wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung in Haft in Tübingen. Die Staatsantwaltschaft München geht davon aus, dass er sich heimtückisch an der Witwe verging und sie zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs tötete.

Damit lautet die Anklage auf Mord. Die Staatsanwaltschaft München hat 30 Zeugen ermittelt, die ihren Verdacht stützen. Ismat O. selbst bestreitet die Tat.
Ob und wann Ismat O. in München der Prozess gemacht wird, müssen jetzt die Richter entscheiden. Oberstaatsanwalt Steinkraus-Koch sagt: „Sieht das Gericht ebenfalls einen ausreichenden Tatverdacht und eröffnet das Verfahren, würde der dann Angeklagte auch ortsnah untergebracht.“

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