23-Jähriger überfährt Ladendieb
München Es war wie eine Szene aus einem Action-Film. „Ich habe einen richtig lauten Knall gehört und gesehen, wie ein Fußgänger die Böschung runtergeflogen ist“, sagt die Zeugin. Erst dann habe sie aus ihrem Wagen heraus gesehen, dass da ein schwarzes Auto auf dem Gehweg gefahren sei. Hat dessen Fahrer absichtlich einen Fußgänger angefahren? Oder war alles ein bedauerlicher Unfall? Diese Fragen soll nun das Landgericht klären. Die Anklage gegen Sami B. (Name geändert) lautet auf versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Unfallflucht.
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Das haben die Ermittler zur Vorgeschichte herausgefunden: Sami B. soll Nabil M. (33) am 22. Mai des vergangenen Jahres in Starnberg gesehen und wiedererkannt haben: Der 33-Jährige hatte zwei Monate zuvor in einem Pöckinger Supermarkt, den der Vaters des Angeklagten führt, eine Wodkaflasche für 13,99 Euro gestohlen und war geflüchtet.
Sami B., der selber als Einzelhandelkaufmann in dem Edeka-Markt arbeitet, wollte Nabil M. an diesem 22. Mai zur Rede stellen. Er ging zu ihm rüber, sprach ihn an. Doch der Ladendieb spricht kein deutsch und erkannte den Supermarkt-Angestellten auch nicht wieder. Er habe geglaubt, der Mann, der ihn da ansprach, sei der Freund einer Frau, mit der er gerade auf der Straße geredet hatte, und wohl eifersüchtig.
Nabil M. entschuldigte sich und ging weiter. Sami B. verfolgte ihn zunächst nicht. Nabil M. fühlte sich sicher und steckte sich Ohrhörer in die Ohren, um Musik zu hören. Doch die Geschichte war hier noch nicht zu Ende. Der Supermarkt-Angestellte wollte den Dieb um jeden Preis festhalten, so die Ermittler. Er stieg in seinen schwarzen Suzuki Swift, um Nabil M. zu verfolgen und zu stellen. Mit 40 Stundenkilometern nahm er die Verfolgung auf.
Als der Suzuki-Fahrer bei seinem Opfer angekommen war, habe er das Steuer rumgerissen und sei auf den Gehweg gefahren, um den 33-Jährigen dort zu erschrecken und zu stoppen. Er fuhr dazu noch ein Stück auf dem Gehweg weiter. Für die Ankläger ist klar, dass er dann absichtlich und mit unverminderter Geschwindigkeit sein Opfer erfasste. Nabil M. prallte mit voller Wucht auf die Windschutzscheibe. Er wurde durch die Luft und gegen einen Zaun an der Straßenböschung geschleudert. Sein Körper rollte danach über die Böschung zum Straßenrand. Er erlitt unter anderem eine potenziell lebensgefährliche Schädelfraktur und Einblutungen.
Sami B. aber sei einfach weitergefahren. Das berichtet auch die Augenzeugin: „Der kleine schwarze Wagen fuhr dann vom Gehweg auf die Straße. Der Fahrer starrte mich kurz an und fuhr dann weiter.“ Die Frau war so geistesgegenwärtig, sich die Nummer des Flüchtigen zu notieren. Er wurde schnell gefasst.
Doch der 23-Jährige hat eine ganz andere Version parat: Sami B. (23), der mit drei Verteidigern und einem Gutachter zum Mordprozess angetreten ist, behauptet in einem Brief, dass ihm ein Reifen geplatzt sei und er die Kontrolle über seinen schwarzen Suzuki Swift verloren hätte: „Ich bin ein sehr schlechter Fahrer und drei Mal durch die Führerscheinprüfung geflogen.“ Der Prozess wird fortgesetzt.
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