20 Kilo Crystal: Mega-Fund am Flughafen
Sie wollen nach Tokio fliegen, als die Falle zuschnappt: Der Zoll am Flughafen nimmt drei Männer und drei Frauen fest und sichert eine Rekordmenge der synthetischen Droge.
München - Wer noch nicht im Airbus A340-300 nach Tokio sitzt, kriegt am Abfluggate H32 des Terminal 2 im Münchner Flughafen einiges zu sehen. Es ist Mittwoch, der 13. Januar, gegen 15 Uhr: Dutzende Zollfahnder in Zivil stürzen sich auf drei Männer und drei Frauen. Die haben eben das Drehkreuz passiert. Auf dem Computerbildschirm erscheinen dabei ihre Namen. Sie passen zu den Koffern.
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Die Beamten fesseln die fünf Rumänen und den Bulgaren im Alter von 20 bis 45 Jahren und nehmen sie mit. Es sind zwei Ehepaare und ein Pärchen. Ein Verdächtiger gibt sich als selbstständig aus, einer als Lagerist, zwei sind angeblich Kraftfahrer und zwei arbeitslos. Eine Frau ist hochschwanger. Die Zollfahnder fragen sie alle das Gleiche: Was ist mit dem Crystal in Ihrem Koffer?
Die Männer und Frauen haben in ihrem Gepäck insgesamt 19,2 Kilogramm der synthetischen Droge verbaut. Das sind 800 000 Konsumeinheiten à 25 Milligramm. Damit könnte man jeden Berufstätigen in München auf einen Trip schicken.
Es ist der größte Crystal-Fund in der Geschichte der Bundesrepublik – nicht nur, was die Menge betrifft: Ein Gramm kostet hier rund 100 Euro. Der Flughafen-Fund ist also zwei Millionen Euro wert.
Die Reisenden kamen aus Dubai und wollten über München weiter nach Tokio. Das machte sie verdächtig. Der Zoll weiß, dass in Japan und anderen ostasiatischen Ländern sehr viel Crystal konsumiert wird. „Wir haben täglich 800 Flüge, die sortieren wir nach speziellen Zielen aus“, sagt Hans Hagn vom Zollamt am Flughafen. Gepäck, das in dieses Raster fällt, wird geröntgt.
Auf diese Weise fand der Zoll am 9. Februar 1,4 Kilo Crystal im Koffer eines britischen Bauingenieurs (37), der nach Tokio wollte. Einige Tage später stoßen sie auf die riesige Schmuggelladung für Flug LH 714 - das Ergebnis: 20,6 Kilo Crystal in nur einer Woche.
Die sechs Koffer waren den Fahndern gleich aufgefallen. Die Röntgenaufnahmen zeigten: Wände und Deckel waren etwa einen Millimeter zu dick. Die Beamten bohrten rein und entdeckten in einem Koffer 1,9 Kilo, in fünf weiteren je mehr als drei Kilo weiße Kristalle. Eine Analyse ergibt später: Es ist fast pures Crystal. Reinheitsgrad: 95 bis 99 Prozent.
Über die Namens-Schilder ermittelten die Zöllner die Schmuggler. Laut dem Leiter der Ermittlungsgruppe Rauschgift beim Hauptzollamt München, Jürgen Thiel, waren die Kuriere sicher nicht zum ersten Mal unterwegs – so eine Menge gebe man nicht jedem, sagt er.
Dieser Erfolg reicht ihm aber nicht. Thiel will die Hintermänner finden. Um eine solche Reise über mehrere Kontinente „mit einer unvorstellbaren Rekordmenge einer hochgefährlichen Droge zu organisieren, „bedarf es erheblicher Täterstrukturen im Hintergrund". Der Fund am Flughafen sei ein „spektakulärer Schlag“ gewesen. Thiels eigentliche Arbeit beginnt aber erst jetzt.
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