20 Jahre nach dem Tod von Rudolph Moshammer: "Danke, Mosi!"

Es war ein Verbrechen, das viele Menschen tief erschütterte: Vor 20 Jahren, am 14. Januar 2005, wurde Rudolph Moshammer (64) in seiner Grünwalder Villa brutal ermordet. Doch eine tiefe Herzensangelegenheit des Münchner Originals lebt noch immer. Ein Verein führt sie weiter.
Nina Job
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Der Trauerzug mit dem Leichenwagen an der Spitze kommt kaum durch – so viele Menschen säumen am 22. Januar 2005 die Maximilianstraße, um Abschied zu nehmen von Rudolph Moshammer.
Der Trauerzug mit dem Leichenwagen an der Spitze kommt kaum durch – so viele Menschen säumen am 22. Januar 2005 die Maximilianstraße, um Abschied zu nehmen von Rudolph Moshammer. © imago/Klaus Haag

München – Rudolph Moshammer war schon zu seinen Lebzeiten eine Legende. Er verlieh München im ausgehenden 20. Jahrhundert und Anfang der 2000er Jahren Glanz und Glamour, immer neue Geschichten und Skandälchen, er war der bunteste Paradiesvogel in der Münchner Schickeria.

Rudolph Moshammer mit seinem langjährigen Chauffeur Andreas Kaplan vor seinem Geschäft in der Maximilianstraße.
Rudolph Moshammer mit seinem langjährigen Chauffeur Andreas Kaplan vor seinem Geschäft in der Maximilianstraße. © Wolfgang Kühn/imago

In seinem Geschäft Carnaval de Venise in der Maximilianstraße schwatzte er Promis aus aller Welt extravagante Seidenklamotten und sündteure Krawatten auf, während sich draußen vor der Tür neugierige Touristen herumdrückten.

Fester Bestandteil der Münchner Schickeria: Rudolph Moshammer mit seiner geliebten Mutter Else (r.) 1989 bei den Medientagen im Künstlerhaus. Er plaudert mit Thomas und Thea Gottschalk.
Fester Bestandteil der Münchner Schickeria: Rudolph Moshammer mit seiner geliebten Mutter Else (r.) 1989 bei den Medientagen im Künstlerhaus. Er plaudert mit Thomas und Thea Gottschalk. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Immer an seiner Seite: seine geliebte Mutter Else, die in ihren späten Jahren die toupierten Haare in der Farbe silber-lila trug. Und natürlich Yorkshire-Hündin Daisy. Starb das Schoßhündchen, folgte das nächste mit dem selbem Namen. Die kleinen Terrier trug er in einer Louis-Vuitton-Tasche herum und es heißt, sie durften ihr Geschäftchen auch drinnen machen. Denn spazieren ging Mosi nicht so gern.

20 Jahre liegt der tragische Tod des exzentrischen Münchners zurück. Die Trauerfeier für ihn ähnelte einem Staatsbegräbnis. So viel öffentliche Anteilnahme hatte es seit dem Tod von Franz Josef Strauß († 1988) nicht gegeben. Tausende Menschen säumten die Straßen, als Mosis Sarg im Leichenwagen durch die Maximilianstraße zum Ostfriedhof rollte. In einem Mausoleum neben seiner Mutter Else fand er dort die letzte Ruhe. Den denkmalgeschützten Bau hatte er für 50 Jahre erworben.

Mehr Exzentrik geht nicht: Für die Eröffnung seines Geschäfts in der Maximilianstraße leiht sich Mosi einen Geparden.
Mehr Exzentrik geht nicht: Für die Eröffnung seines Geschäfts in der Maximilianstraße leiht sich Mosi einen Geparden. © AZ-Archiv

Moshammer, der Lebenskünstler, Exzentriker und Selbstdarsteller, wurde so pompös zu Grabe getragen, wie er zu seinen besten Zeiten gelebt hatte.

Seine andere Seite, die Schattenseite, war weniger bekannt. Rudolph und Else Moshammer hatten schlimme Zeiten erlebt. "Rudis" Vater wurde zum Trinker, nachdem er seine Arbeit verloren hatte. In den BR-Lebenslinien schilderte Moshammer, welch große Angst er um seine Mutter gehabt hatte. Und davor, dass der Vater wahrmachen würde, was er im Suff angekündigt hatte: aus "Schande" die ganze Familie "auszulöschen".

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Mosi half regelmäßig: "Er machte kein Aufhebens darum"

Rudolph und seine Mutter Else zogen schließlich in einer Nacht- und Nebelaktion aus. Der Vater starb später verarmt und obdachlos. 

Danach machte es sich Moshammer zur Lebensaufgabe, Obdachlose zu unterstützen. Er spendete Geld, brachte Geschenke. "Meistens machte er überhaupt kein Aufhebens darum", sagt Thomas Schmatz vom Moshammer-Verein Licht für Obdachlose. Ab und zu übergab er offiziell einen Spendenscheck, doch oft half er in aller Stille.

"Weihnachten hat er sich unter die Wittelsbacher Brücke mit ans Lagerfeuer gesetzt, von 18 Uhr bis Mitternacht", erzählt Thomas Schmatz. Mosi verkaufte auch ab und an das Biss-Magazin für Obdachlose. "Er hat sich stundenlang vor die Theatinerkirche am Odeonsplatz gestellt", erzählt Karin Lohr von Biss. Bis heute gibt es Menschen, die sich voll Dankbarkeit an Mosi erinnern.

Am 21. Januar 2005 können sich die Münchner in der Lukaskirche von Rudolph Moshammer verabschieden. Der Sarg ist neun Stunden lang aufgebahrt.
Am 21. Januar 2005 können sich die Münchner in der Lukaskirche von Rudolph Moshammer verabschieden. Der Sarg ist neun Stunden lang aufgebahrt. © picture-alliance/Matthias Schrader

Nach seinem Tod wurden Mosis Rolls-Royce, der Schmuck der Mutter und ein Hemd von Napoleon, das in seinem Besitz war, versteigert. Der Erlös – ein mittlerer sechsstelliger Betrag – floss in den neu gegründeten Rudolph Moshammer Verein Licht für Obdachlose. Was mit dem Geld verdient wird, wird ausgeschüttet.

Der Trauerzug mit dem Leichenwagen an der Spitze kommt kaum durch – so viele Menschen säumen am 22. Januar 2005 die Maximilianstraße, um Abschied zu nehmen von Rudolph Moshammer.
Der Trauerzug mit dem Leichenwagen an der Spitze kommt kaum durch – so viele Menschen säumen am 22. Januar 2005 die Maximilianstraße, um Abschied zu nehmen von Rudolph Moshammer. © imago/Klaus Haag

Mosi unterstützt damit bis heute Biss-Verkäufer.  Auch die Obdachlosenhilfe St. Bonifaz und die "Teestube Komm" des evangelischen Hilfswerks bekommen regelmäßig Zuwendungen von dem Verein. Je nachdem, wie viele Zinsen das zurückgelegte Geld abgeworfen hat, ist es mal mehr, mal weniger.

Sänger Roberto Blanco nimmt von Rudolph Moshammer Abschied.
Sänger Roberto Blanco nimmt von Rudolph Moshammer Abschied. © imago/Guido Krzikowski

"Spenden an den Verein sind in den vergangenen Jahren leider sehr zurückgegangen", sagt Thomas Schmatz.  Doch Mosis Nachlass soll auch weiterhin Obdachlosen helfen.

Das Mausoleum hatte Mosi nach dem Tod seiner Mutter für 50 Jahre erworben.
Das Mausoleum hatte Mosi nach dem Tod seiner Mutter für 50 Jahre erworben. © Sigi Müller

Christoph Lochner von der Teestube Komm sagt: "Wir sind sehr, sehr dankbar, dass uns Rudolph Moshammer bis heute unterstützt!" 2024 konnte zum Beispiel ein neuer Wäschetrockner angeschafft werden. Karin Lohr sagt: "Rudolph Moshammer war ein sehr großzügiger, warmherziger Mann. Danke, Mosi!"

Das Schild eines trauernden Anhängers während der Beerdigung auf dem Ostfriedhof.
Das Schild eines trauernden Anhängers während der Beerdigung auf dem Ostfriedhof. © imago /Guido Krzikowski

Wenn Sie den "Rudolph Moshammer Verein Licht für Obdachlose e.V."  mit einer Spende unterstützen möchten, er hat diese Bankverbindung: Deutsche Bank, IBAN DE75 7007 0024 0226 6666 00 .

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2 Kommentare
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  • Witwe Bolte am 14.01.2025 09:56 Uhr / Bewertung:

    Seit Mosis Tod befindet sich unsere Stadt Richtung abwärts: immer mehr Verwahrlosung (z.B. Alter Bot.Garten, Bahnhofsgegend, Nussbaumpark). Messer-Angriffe waren bis dahin äussert selten. Das Stadtbild zunehmend verdreckt. Weihnachtsmarkt u. Wiesn müssen vor Terror geschützt werden.
    Viele Bauruinen in der Innenstadt, es gibt nur noch 1 grosses Kaufhaus.
    Dann kam noch die Corona-Katastrophe.
    Als Mosi noch lebte, war München ein kleines Paradies.

  • Futurana am 14.01.2025 08:55 Uhr / Bewertung:

    Ach ja, der Mosi! Habe ihn gemocht. Er gehörte als Original zu München. Ein Selbstdarsteller auf liebenswürdige Art. Wohl wissend, dass er "backstage" durchaus unangenehm sein konnte. Trotzdem, sehr schade um ihn.

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