175 Millionen Euro für neue Radwege: CSU-Konzept macht Ärger

Autos, Fußgänger und Radler in einer Straße? Damit soll Schluss sein, fordern die Schwarzen. Und wollen Räder auf Parallelstraßen umleiten.
München - Kommt jetzt eigentlich der Radlweg auf der Rosenheimer Straße? Müssen sich die Fahrradfahrer auf der Lindwurmstraße weiter mit Fußgängern um den engen Streifen auf dem Gehweg zoffen? Und wie wird das, rund um den Marienplatz, wo sich Radler und Fußgänger schon tätlich angegriffen haben im Kampf um Bewegungsfreiheit? Fahrradfahren in München – es bleibt wohl Dauerstreitthema im Stadtrat.
Nach zwei Radl-Initiativen von Grünen und der SPD im Juli kommt nun die Rathaus-CSU mit einer Idee, die den Roten gar nicht schmecken will:
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„Umdenken“ solle die Stadt in der Radwege-Planung, fordern die Schwarzen in einem Stadtrats-Antrag. Schluss sein soll mit dem „Shared-Space“-Konzept der früheren rot-grünen Stadtregierung, nach dem sich Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger brav die vorhandenen Straßen teilen sollten. Weil dieses Konzept eh nur Chaos, Enge und Unfälle bringe.
Statt dessen will die CSU „die verschiedenen Verkehrsarten trennen“ – und Radler künftig vor allem auf „Parallelrouten“ zu den Hauptverkehrsstraßen strampeln lassen. Damit den Autofahrern möglichst wenig Fahrspuren oder Parkplätze verloren gehen. „Bisher wurde der Radverkehr als Kampfinstrument gegen Autofahrer und Fußgänger missbraucht“, argumentiert der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Michael Kuffer. Besonders spannend an dem Vorstoß: Die Schwarzen wollen dafür richtig Geld in die Hand nehmen: 175 Millionen Euro soll die Stadt in den nächsten fünf Jahren für neue Radlrouten investieren. Das sind satte 35 Millionen Euro jedes Jahr.
Und wie soll das ausschauen?
„Schnellerer Radverkehr wird nicht immer auf der Luftlinie möglich sein, daran müssen sich Radler gewöhnen“, sagt Michael Kuffer. „Die Idee ist, etwa die Enge an der Lindwurmstraße aufzulösen, indem wir die Radler parallel auf die Maistraße umleiten“, so der CSUler. „Dasselbe funktioniert an der Nymphenburger Straße. Wir können die Radler über die Blutenburgstraße umleiten, das ist nur ein kleiner Umweg – und viel sicherer für Kinder und Senioren.“
Das Kernargument: Nimmt man – zugunsten eines bequemen Radlwegs – den Autos eine Spur weg, „dann drücken doch die Autofahrer in die Nebenstraßen“, sagt Kuffer, „davon hat doch keiner was“. Auch für die Dienerstraße hinterm Marienplatz, wo bislang Fußgänger und Radler auf dem roten Radlstreifen kollidieren, will die CSU umplanen. „Wir könnten hier die Radler in die Sparkassenstraße führen und dann über die Maximilian- in die Residenzstraße schwenken lassen. Dafür machen wir auf der Theatinerstraße mehr Platz für Fußgänger.“
Wie reagieren SPD und Grüne?
Verzopft – und ziemlich sauer: „Illusorisch“ – findet die Idee SPD-Fraktionschef Alexander Reissl: „Freizeitradler lassen sich vielleicht auf Nebenstrecken umleiten. Aber wer mit dem Rad zur Arbeit oder in die Uni fährt, wird weiter den direkten Weg nehmen – auch wenn er an der Hauptstraße entlang führt.“ Sein roter Rathaus-Kollege Klaus Peter Rupp sagt’s deutlich: „Eine Kehrtwende im Radverkehr kommt für uns nicht in Frage.“ Irritiert sind auch die Grünen: „Wir freuen uns, wenn die CSU richtig Geld für die Radler investieren will“, sagt Grünen-Fraktionschef Florian Roth. „Aber erstens: Radler wollen nicht nur lustradeln, sondern auch schnell sein. Und zweitens: Den Autofahrern dabei keinen Platz wegzunehmen – das wird nicht funktionieren.“
Michael Kuffer lässt sich davon – noch – nicht schrecken: „Wir haben alle ein gemeinsames Ziel. Das wissen auch die anderen.“ Und übrigens: Am Radlweg an der Rosenheimer Straße (dem die Schwarzen im Koalitionsvertrag mit der SPD zugestimmt hat) will die CSU auch nicht mehr rütteln. Kuffer: „Da machen wir nicht mehr rum.“