14 Mal um die Welt: So viel ist das Rathaus aus München 2022 geflogen

München - Rechnerisch hätte es das Münchner Rathaus im Jahr 2022 14,5 Mal um die Erde geschafft: Insgesamt legten Bürgermeister, Stadträte und Mitarbeiter der Verwaltung 583.317 Kilometer im Flugzeug zurück. 140,4 Tonnen CO2 wurden dabei freigesetzt. Die Flugzahlen sind damit etwa fünfmal so hoch wie 2021.
All das kann man in einer Beschlussvorlage aus dem Klimaschutzreferat nachlesen, über die der Stadtrat an diesem Dienstag abgestimmt hat. Das CO2, das das Rathaus mit seinen Flugreisen ausstößt, versucht es zu kompensieren. Die Stadt leistet bisher eine Abgabe an die gemeinnützige GmbH "Atmosfair". Diese finanziert Klimaschutzprojekte auf der ganzen Welt. 2022 zahlte die Stadt dafür rund 3560 Euro. Davon wurden effizientere Öfen in Nigeria, Biogas-Anlagen in Nepal und der Ausbau von erneuerbaren Energien in Madagaskar, Mali und Nigeria finanziert.
Die CSU beantragte vor fast zwei Jahren, dass die Stadt dieses Geld lieber in Klimaschutzprojekte hier vor Ort stecken soll. Jetzt hat der Stadtrat zugestimmt. "Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würden die Kompensationsbeiträge in die Renaturierung von Moorflächen fließen, deren positiver Effekt auf das Klima häufig unterschätzt wird", sagt CSUler Sebastian Schall.

2022 waren die Flugzahlen zwar fünfmal so hoch wie 2021. Aber sie lagen immer noch weit unter dem Niveau, das einmal vor der Corona-Pandemie herrschte.
Das Rathaus München flog nie so viel wie 2018
In den vergangenen zehn Jahren flog das Rathaus nie so viel wie 2018. Damals legte es über sieben Millionen Kilometer im Flugzeug zurück. Aber auch wenn die Statistik für das Jahr 2023 erscheint, könnten die Zahlen Klimaschützern nicht gefallen. Der Stadtrat flog nach Sapporo in Japan, nach Be'er Scheva in Israel, nach Namibia in Südwestafrika.
"Wir wollen die Flüge weiter begrenzen", sagt Tobias Ruff, der Chef der ÖDP-Fraktion. Er hat mit einem Änderungsantrag durchgesetzt, dass sich das Umweltreferat gegen Flüge ausspricht, wenn die Anreise mit Bus oder Bahn weniger als sechs Stunden dauern würde. Verbieten kann das Umweltreferat kürzere Flüge aber nicht.

Es sei eher eine Empfehlung, meint Ruff. Denn auch für kurze Strecken setzt sich das Rathaus derzeit noch gerne ins Flugzeug statt in die Bahn. 2022 machten Kurz- und Mittelstrecken-Flüge noch rund 85 Prozent der Flüge insgesamt aus. Am häufigsten entschied sich das Wirtschaftsreferat bei Strecken unter 500 Kilometern für das Flugzeug. Das CSU-geführte Referat buchte 2022 sechs Kurzstreckenflüge.
Die meisten Flüge buchte das Münchner Kulturreferat
Die meisten Flüge gingen 2022 allerdings auf das Konto des Kulturreferats: Von 407 Einzelflügen, die die Stadt unternahm, buchte 144 das Kulturreferat. Den größten Anteil (135) machten Flüge der Münchner Philharmoniker aus. Inzwischen setzten die Philharmoniker aber zum Schutz des Klimas wann immer möglich auf die Bahn. Hinter dem Kulturreferat liegt das Wirtschaftsreferat mit 87 Flügen. Beim Wirtschaftsreferat sind auch die Bereiche "Europa und Internationales" und "Tourismus" angesiedelt.
Darum ist ausgerechnet die SPD am meisten geflogen
Die Flüge von Stadtratsmitgliedern machten 2022 nur 6,6 Prozent aller Flugreisen aus. Insgesamt waren es 27 Flüge – bei 80 ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern. Die meisten davon – nämlich zwölf – unternahm die SPD-Fraktion. Deren Chefin Anne Hübner hat dafür aber eine gute Erklärung: SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl vertrat den Oberbürgermeister bei der Eröffnung des Oktoberfests in Cincinnati, im Bundesstaat Ohio. Einen direkten Flug gibt es dorthin nicht, also habe Gradl vier einzelne Flüge buchen müssen. Außerdem sei die Statistik fehlerhaft, weil zwei Flüge gar nicht angetreten wurden und eine Rückreise mit dem Zug erfolgte, sagt Hübner. Vier SPD-Stadträte machten ihrer Rechnung nach 2022 eine Flugreise. "Das ist nicht überbordend viel. Wir passen auf jeden Fall auf und innerhalb Deutschlands würden wir sowieso nicht fliegen."
Hinter der SPD-Fraktion liegt die Fraktion CSU/Freie Wähler mit neun Flügen. Die Grünen sind sechsmal geflogen. Gar keine Flugreisen unternahmen das Direktorium, das Klimaschutzreferat und die Stadtkämmerei.
88,7 Prozent aller Flüge buchte die das Rathaus in der Economy-Class, elf Flüge in Premium Economy und vier Flüge in der Business-Class. Dieses Jahr dürften die Flugreisen deutlich teurer gewesen sein: Alleine für die Reise nach Sapporo bewilligte der Stadtrat 143.000 Euro. Besonders teuer machte die Reise die Flugkosten. Um nach Sapporo zu gelangen, bewilligte der Stadtrat 8.000 Euro pro Person. Weil die Flugzeit zwischen 20 und 22 Stunden beträgt, gönnte der Stadtrat den Reisenden Sitze in der Businessclass.