103! So feiert der vitale Einbrecher-Schreck
Vergangene Woche verarztete Franz B. in seinem Haus noch einen Einbrecher – jetzt feierte der vitale Münchner seinen 103. Geburtstag. Die AZ gratulierte ihm natürlich auch und erkundigte sich, wie er den kuriosen Einbruch überstanden hat. Und hörte sich einige spannende Geschichten aus seinem langen Leben an.
Frank B. sitzt ruhig und gelassen in seinem Ohrensessel. Gleich bekommt er Besuch von Stadträtin Katrin Habenschaden (Grüne), denn auch die Stadt gratuliert. Er scheint ein wenig aufgeregt zu sein undschaut immer wieder auf die Uhr. Dann klingelt es und der alte Mann geht zur Tür. Er bedankt sich höflich für das Geschenk. Danach setzt er sich an den feierlich eingedeckten Tisch und fängt an, vom Einbruch zu erzählen.
Nach diesem hat die Stadträtin als erstes gefragt, als sie einen großen Bilderrahmen mit all den Zeitungsartikeln entdeckt hat. „So viel Trubel hatte ich gar nicht erwartet. Viele Menschen haben mich auf den Einbruch angesprochen“, erzählt der gebürtige Österreicher, der 1912 im Böhmerwald nahe der bayerischen Grenze geboren wurde.
Franz B. erklärt, warum er den Einbrecher verarztet – und nicht etwa die Polizei gerufen hat: „Im November 1941 war ich mit der Wehrmacht in Russland, in Leningrad. Immer wenn der Trommelwirbel der Russen zu hören war und dieser langsam leiser wurde, wollten meine Kameraden schon losstürmen. Ich bin dann immer sehr ruhig geblieben und für mich ging es erst los, als der Trommelwirbel wirklich verstummt war. Schon immer war ich ein Mensch von ruhiger Natur und deswegen habe ich auch so gelassen auf den fremden Mann im ersten Stock reagiert.“ So einfach ist das.
Jetzt erinnert nur noch die eingeschlagene Balkontür an den Einbruch, doch für Franz B. ist die Geschichte eh schon abgeschlossen. Er mag nicht mehr darüber erzählen, für ihn war das ja kein großes Ding.
Lieber erzählt er von früher: „Meine erste Lehre habe ich mit 15 Jahren in einem Gärtnerbetrieb begonnen. Aber das war nicht das richtige, ich wollte ja nicht jedes Wochenende arbeiten“, sagt er und lacht verschmitzt. Weshalb er dann eine Malerlehre gemacht hat. Und sich einen eigenen Betrieb mit 15 Mitarbeitern aufbaute.
Dann verrät er sein Geheimrezept fürs Uraltwerden: Ganz viel Sport treiben und Zeit in der Natur verbringen. Der Witwer kramt in alten Erinnerungen und hat sichtlich Freude daran, immer wieder huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht, wenn er etwa vom Stockschießen erzählt: „Besonders gerne habe ich es beim Schloss Nymphenburg gespielt oder aber im Pasinger Stadtpark, den liebe ich sowieso. Viel gekegelt habe ich auch. 1970 bin ich nach Pasing gezogen und habe dann in drei Kegelgruppen gespielt. Manchmal rufen sie noch an und fragen, ob ich vorbeikommen möchte. Mit 99 Jahren habe ich das letzte Mal gekegelt.“
Franz B. hält kurz inne und erzählt dann weiter: „Ich war auch ein leidenschaftlicher Tänzer, mit meiner Frau tanzte ich oft auf Faschingsbällen. Wir haben uns mal als Mexikaner und mal als Ritterpaar verkleidet.“
Seit sie im Jahr 2000 verstorben ist, wohnt der bewundernswert rüstige Rentner alleine in seinem Haus. Noch kommt er gut alleine klar, wofür der super gepflegte Vorgarten spricht. Und seine überaus lässige Reaktion auf den Einbrecher sowieso.
Seine Gesundheit spielt auch mit. Einen Schlaganfall vor drei Jahren hat er gut überstanden. Und wenn er dann doch mal Hilfe braucht, bekommt er die von seiner Familie. „Auf einmal wurden es immer und immer mehr Familienmitglieder“, schmunzelt der Naturfreund und zählt auf: „Ich habe zwei Töchter, vier Enkelkinder, sieben Ur-Enkel und einen Ur-Ur-Enkel.“
Dann wandert sein Blick aus dem Fenster auf ein altes Vogelhaus. Zwei Meisen stecken ihren Kopf hinein und der 103-Jährige ist sichtlich amüsiert. Jeden Tag verbringt er mehrere Stunden damit, in seinem Lieblingssessel zu sitzen und das bunte Treiben vor seiner Haustür anzuschauen. Zum Geburtstag hat er ein neues Vogelhaus bekommen. Nächste Woche wird dann nicht nur die kaputte Balkontür ausgetauscht, sondern auch das Vogelhaus im Garten aufgehängt. Den Vogel abschossen, das hat der Einbrecherschreck ja schon letzte Woche.