10.000 radln durch die Nacht

Leuchtende Speichen, wummernde Boxen, eine kurze Dusche und Jubelschreie im Tunnel: Die Bilanz der sechsten Münchner Radlnacht.
von  Linda Jessen
Die freien Straßen freuen die Münchner Radler bei der Radlnacht. Fotos: Daniel von Loeper
Die freien Straßen freuen die Münchner Radler bei der Radlnacht. Fotos: Daniel von Loeper © Daniel von Loeper

München - Dampfig ist es an diesem Samstagabend. Noch ist die Luft schwül, das vereinzelnde Donnergrollen lässt indes Vorahnungen zu. Doch davon lassen sich die knapp Zehntausend Radlbegeisterten auf dem Odeonsplatz nicht beirren – die Münchner sind bereit für ihre Radlnacht.

Es ist acht Uhr, in einer halben Stunde geht es los. Genug Zeit noch ein bisserl auf Entdeckungstour zu gehen. Die unterschiedlichsten Radl haben die Leut mitgebracht. Chopper sind dabei, schnittige Rennräder, Tandems, quietschende Uraltmühlen und Liegeräder. Manche sind mit Musikboxen und Tablets zu fahrenden Discos umgebaut, in vielen Speichen leuchten Knicklichter um die Wette. Ein Radl hat so große Reifen, da könnte ein Bulldog neidisch werden.

Während einige Radler noch entspannt auf der Wiese im Hofgarten hocken, scharren andere schon mit den Hufen wie tänzelnde Rennpferde. Dann der gemeinsame Countdown, die Radlnacht ist eröffnet. Bis der Zug richtig ins Rollen kommt, dauerts ob der großen Masse an Radlern etwas, aber dann geht plötzlich alles ganz schnell. Mit Vollgas durch den Altstadtringtunnel düsen kann man nicht jeden Tag, die Radler genießen es jubelnd.

Weiter geht’s über die abgesperrte Prinzregentenstraße – kurioserweise fahren trotzdem alle brav rechts. Vorbei an der Reichenbachbrücke, wo das eintrudelnde Feiervolk neugierig das Schauspiel verfolgt. Ein junger Mann hat sich über und über mit bunten Lichterketten behängt, aus den Boxen eines anderen schallt der Motivationsklassiker „Eye of the tiger“, ein vierjähriges Mädel strampelt wacker mit dem Papa mit.

Und dann löst der Donner sein Versprechen ein: Dicke Tropfen fallen immer dichter bis ein Platzregen auf den dampfenden Asphalt niedergeht. Jetzt teilen sich die Radler in zwei Gruppen – die einen fahren an den Rand, suchen Schutz unter Bäumen und in Hauseingängen, verheddern sich in den eilig übergezogenen Regenmänteln. Die anderen bekommen jetzt erst den richtigen Kick, sausen johlend durch die Pfützen, schmettern „Singin’ in the rain“, breiten die Arme aus und genießen die willkommene Abkühlung. Es dauert nur kurz, an der Paul-Heyse-Unterführung ist der Spuk schon wieder vorbei.

Rüber über die Nymphenburger Straße und den Königsplatz, in der Arcis- und Schellingstraße bildet sich ein Stau. Beim Endspurt über die Ludwigstraße können alle nochmal Gas geben, dann verteilen sich die fast schon wieder getrockneten Radlnachtteilnehmer auf ihre Heimwege.

Servus, schee war’s, bis zum nächsten Jahr!

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