100 Abschlepp-Anzeigen: Firma vor Gericht
Auto nur gegen Bezahlung: Ein Oberhachinger Abschlepp-Unternehmen muss sich wegen seiner Methoden bald auch am Münchner Amtsgericht wegen Nötigung verantworten – ein Opfer spricht
MÜNCHEN Petra F. (28, Name geändert) freut sich: Gegen das Oberhachinger Abschleppunternehmen, das im Oktober 2008 ihr Auto abschleppte, soll bald auch in München prozessiert werden. Wie die Staatsanwaltschaft München I erklärt, ist bereits in zwei verschiedenen Verfahren Anklage gegen den Geschäftsführer erhoben worden. Das Amtsgericht konnte auf AZ-Anfrage aber bislang noch keinen Prozess-Termin nennen.
In Aichach ist man da ein ganzes Stück weiter. Dort verurteilte das Amtsgericht den Geschäftsführer Joachim G. bereits im März zu einer Bewährungsstrafe wegen Nötigung. Und in Augsburg wurde in einem ähnlich gelagerten Fall ein so genannter „Parkplatz-Sheriff“ sogar in Untersuchungshaft genommen, weil er nicht davor zurückschreckte, Fahrzeuge mit Parkkrallen am Fortfahren zu hindern.
„Die Firma hat mein Auto vom Kundenparkplatz eines Sendlinger Supermarktes abgeschleppt“, berichtet die Vertriebsassistentin Petra F.. „Nachdem ein so genannter Außendienst-Mitarbeiter sich mit mir getroffen hatte, wollte er mir den Standort des Wagens nur gegen Bezahlung von 300 Euro verraten.“ Eine ordentliche Rechnung konnte ihr der Mann nicht zeigen. Petra F. schaltete die Polizei ein, erstattete Anzeige wegen Nötigung. So wie rund hundert andere auch, erklärt Barbara Stockinger, Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I.
Dass es – anders als in Aichach – bislang noch nicht zum Prozess gekommen ist, liegt am Münchner Amtsgericht (AG). Dort war man bislang offensichtlich skeptisch, ob die angewandten Methoden für eine Anklage wegen Nötigung ausreichen. Barbara Stockinger: „Das AG München lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens zunächst ab, auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin wurde dieser Beschluss vom Landgericht aufgehoben, so dass das AG München die Anklage demnächst verhandeln sollte.“ Petra F.: „Eine gute Nachricht. Ich hatte es schon aufgegeben.“
Ein zweites Verfahren ist laut Staatsanwaltschaft gegen Joachim G. und zwei seiner Mitarbeiter im Februar 2009 hinzu gekommen. Auch in diesem Fall sei bereits Anklage erhoben worden, berichtet die Oberstaatsanwältin.
Joachim G. bewegt sich in einer juristischen Grauzone. Er selber weist immer wieder auf verschiedene Urteile hin, die ihm Recht gegeben haben. „Was wir machen, ist absolut im Rahmen der Gesetze.“ Auch die Polizei sagt, dass die Betreiber privater Parkplätze ein Recht darauf haben, dass ihre Kunden-Stellflächen nicht als öffentliche Parkplätze missbraucht werden.
Juristisch fragwürdig bleibt allein das Wie des Abschleppens. Petra F. fühlte sich jedenfalls bedroht: „Weil ich nicht bezahlen wollte, wurde mir am Telefon mit Konsequenzen gedroht. Kurze Zeit später kam ein Vollstreckungsbescheid. Ich habe aber nie auch nur einen Euro bezahlt.“ Von Joachim G. habe sie dennoch nie wieder etwas gehört. John Schneider
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