10 Punkte gegen den Mieten-Wahn
München - „Das Hauptproblem in München ist nicht, dass immer mehr Menschen hier leben möchten, es immer mehr Single-Haushalte gibt und der Münchner eine größere Wohnungen haben möchte“, sagt Andrea von Grolmann. Das Hauptproblem ist, „dass sich immer weniger die hohen Mieten leisten können.“
Das „Bündnis bezahlbares Wohnen“ will jetzt gegen steuern. Am Montag präsentierten die 18 Gruppen und Initiativen im Gemeindesaal der Paulskirche ihre Forderungen. Mit einem 10-Punkte-Plan will das Bündnis Hilfe bieten. Und Druck auf die Politik ausüben.
Die Forderungen an den Bund
Mieterhöhungen:
Derzeit darf ein Vermieter die Miete alle drei Jahre um 20 Prozent erhöhen. Ein Beispiel: Ein Mieter zahlt für seine Münchner Wohnung 750 Euro, nach drei Jahren wird die Miete um 20 Prozent erhöht – sie kostet dann 900 Euro. Nach neun Jahren muss man bereits 1555,20 Euro blechen. Eine Erhöhung von 207,36 Prozent. Forderung: Der Bund muss das Mieterhöhungsrecht an die Länder, besser noch an die Kommunen abgeben. Man kann München nicht mit dem Schwarzwald vergleichen, wo ein Erhöhungsspielraum mangels Interesse an den Wohnungen gar nicht ausgeschöpft wird.
Mietspiegel:
Mieten, die in den letzten vier Jahren nicht erhöht wurden, so genannte Bestandsmieten, werden in den Mietspiegel nicht eingerechnet,. Der ist aber Grundlage für viele andere Entscheidungen, etwa ob bei einer Wohnung Wucher vorliegt. Die Initiative bezieht sich auf Gutachten, wonach die im Mietspiegel dargestellten Werte 30 Prozent zu hoch sind. Forderung: Bestandsmieten sind bei der Erhebung des Mietspiegels einzubeziehen.
Energetische Sanierungen:
Geht es um energetische Sanierungsmaßnahmen, kann der Vermieter bis zu elf Prozent der Kosten pro Jahr auf den Mieter umlegen. In der Regel ist eine solche Investition nach neun Jahren also abbezahlt. Die Mieterhöhung läuft aber weiter - ohne zeitliche Begrenzung. Forderung: Sobald die Modernisierungskosten eingeholt sind, muss die Erhöhung wegfallen.
Ungleichgewichte in den Stadtvierteln:
Der Mietspiegel errechnet (gestaffelt nach Lage und Ausstattung) ein durchschnittliches Mietniveau für die ganze Stadt. Was nicht berücksichtigt wird, ist, dass es Stadtteile gibt, in denen das Mietniveau etwas niedriger ist, als in hochpreisigen Vierteln. Forderung: Der Mietspiegel muss stadtviertelspezifische Unterschiede stärker berücksichtigen.
Forderungen an den Freistaat
Denkmalschutz:
Laut Landesamt für Denkmalschutz, muss ein Denkmal „für eine Zeit stehen“, genau: für die Zeit seiner Erbauung. Die Denkmalwürdigkeit kann aberkannt werden, wenn Umbauten den Originalzustand verändert haben. Mit dieser Definition fallen 80 Prozent der Gebäude der Innenstadt aus dem Raster, weil sie im Zweiten Weltkrieg beschädigt und anschließend wieder aufgebaut wurden. Forderung: Denkmäler müssen nach der „Charta von Venedig“ von 1964 definiert werden. Danach sind Denkmäler schützenswerte Objekte, die ihre eigene Geschichte abbilden, also auch eine historische Entwicklung.
Zweckentfremdung:
Das Gesetz über das Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum tritt zum 30. Juni 2013 außer Kraft. Das Gesetz besagt, dass es verboten ist, Wohnraum länger als 3 Monate leer stehen zu lassen, abzureißen oder gewerblich zu nutzen. Forderung: Das Gesetz muss um 5 Jahre verlängert werden.
Umwandlungsverbot:
Wenn die Stadt eine Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen genehmigt, bringt eine solche Umwandlung Investoren das meiste Geld (siehe unten) Forderung: Ein Umwandlungsverbot muss her.
Forderungen an die Stadt München
Erhaltungssatzungen:
Auch hier richtet sich die Kritik an die Stadt: Zurzeit gibt es in München 14 Erhaltungssatzungsgebiete. Dort hat die Stadt Möglichkeiten, Luxussanierungen zu unterbinden. 2001 gab es noch 21, heute nur noch 14 Erhaltungssatzungsgebiete – entscheiden tut das die Stadt. Und: Greift die Erhaltungssatzung, kann sich ein Investor mit einer Unterschrift, dass er zehn Jahre nicht luxussaniert, freikaufen. Nach diesen zehn Jahren stehen ihm alle Tore offen. Die Forderung: Es braucht andere Regelungen. „Sonst ist das nur eine Verschiebung, danach hat die Stadt keinen Einfluss mehr“, sagt Max Heisler.
Hintertürchen:
Über Umwege ist es in München möglich, Wohnraum länger als drei Monate leer stehen zu lassen und ihn dann zu sanieren, um ihn teurer zu vermieten. Forderung: Die Stadt muss energisch und transparent gegen den Leerstand vorgehen.
Diskussion:
Über Gentrifizierung schreibt Christian Ude in der Rathausumschau: „Ich möchte deutlich machen, dass diese modische Diskussion an den tatsächlichen sozialen Problemen vorbeigeht.“ Das empfindet die Initiative als Frechheit, denn viele wurden schon aus ihren angestammten Stadtvierteln vertrieben und mussten in teurere Wohnun-gen umziehen. Forderung: Die Diskussion über Gentrifizierung muss sachlich und reflektiert geführt werden.
- Themen:
- Christian Ude