0800-Erinnerung: Münchens neues Denkmal für NS-Opfer

MÜNCHEN - Die Künstlerin Michaela Melián gewinnt den Künstlerwettbewerb der Stadt mit ihrem Audio-Kunstwerk. Der Stadtrat muss dem Plan der Münchnerin jetzt aber noch zustimmen - ein Stadtrat ist schon mal dagegen.
Es wird keine Säule, kein Stolperstein und kein Platz – sondern ein „Audio-Kunstwerk“: Die Münchner Künstlerin Michaela Melián soll nach Ansicht einer Fach-Jury ein neues Denkmal für die Opfer des Nazionalsozialismus entwerfen.
Geschichte kostenlos am Handy
Die Idee: An bestimmten Orten der Stadt stehen Tafeln mit einer kostenlosen Nummer. Wer sie wählt, hört Stimmcollagen von Zeitzeugenberichten aus den Archiven des Bayerischen Rundfunks, dazu Musik und aktuelle Interviews mit Überlebenden des Holocausts - drei solcher „Loops“ wird es geben, je nach Stadtteil. Sie dauern eine Stunde und sind kostenlos übers Handy zu hören - nach dem Motto: 0800-Erinnerung.
Diese „Schleifen der Erinnerung“ oder „Memory Loops“ soll es auch als Podcast geben, die jeder aus dem Internet herunterladen und auf seinem MP3-Player hören kann.
Marian Offman von der CSU will dagegen stimmen
Wer also beispielsweise auf dem St.-Jakobs-Platz steht, kann sich an diesem geschichtsträchtigen Ort eine bestimmte Sequenz anhören – „Das zieht einen richtig rein“, sagte Kulturreferent Hans-Georg Küppers. Auch die Vorsitzende der Jury, Angelika Nollert, ist begeistert: „Da wollen Sie nicht mehr aufhören.“ Beide hoffen, dass diese Gedenkform gerade junge Menschen anspricht – „für sie sind Handys ganz normale, alltägliche Geräte“, sagt Küppers. Das sei eine „ganz neue Form von Gedenken“, sagte Nollert – deshalb gewann Meliáns Projekt.
Die Künstlerin, die sich gegen 13 Bewerber durchsetzte, wird wohl noch über ein Dreivierteljahr brauchen, bis sie ihr hörbares Denkmal fertig hat. Dafür bekommt sie von der Stadt 350000 Euro, auch die Telefonkosten will die Stadt „so lange wie möglich“ übernehmen, sagte Küppers.
Noch muss der Stadtrat entscheiden. CSU-Stadtrat Marian Offman will gegen das Projekt stimmen. „Die Opfergruppen hatten keinen Einfluss auf die Entscheidung“, sagt er. „Aus Respektgründen wäre das richtig gewesen.“
T. Gautier