Wenn der Berg ruft

In „Drama am Gipfel“ erklettert Harald Krassnitzer Drehorte von Bergfilmklassikern. Die Doku läuft am 29. Dezember und 1. Januar um 19.15 Uhr im Ersten.
Bettina Hartmann |
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Schauspieler Harald Krassnitzer (in der Bildmitte im Hintergrund) bei den Dreharbeiten zur Fernseh-Dokumentation „Drama am Gipfel“, wo er als Moderator im Einsatz ist.
SWR Schauspieler Harald Krassnitzer (in der Bildmitte im Hintergrund) bei den Dreharbeiten zur Fernseh-Dokumentation „Drama am Gipfel“, wo er als Moderator im Einsatz ist.

AZ: Herr Krassnitzer, was ist für Sie ein Abenteuer?
HARLAD KRASSNITZER: In der Bergen unterwegs zu sein — das ist Erlebnis und Abenteuer zugleich. Zudem bieten die Berge schon immer guten Filmstoff. Denn dort geht es um die Auseinandersetzung mit Fels und Eis, mit Erschöpfung und sich selbst — also mit Leben und Tod.

In der zweiteiligen Dokumentation „Drama am Gipfel“ machen Sie sich auf Spurensuche und besuchen die Drehorte berühmter Bergfilmklassiker wie „Die weiße Hölle vom Piz Palü“. Haben Sie sofort zugesagt, als man Sie als Moderator verpflichten wollte?
Das war das berühmte Angebot, das man nicht ablehnen kann. Mich hat das Projekt, das sich Tilman Achtnich und Claus Hanischdörfer für den SWR ausgedacht haben, sofort begeistert. Ich habe aber nicht zum ersten Mal moderiert. Ich war in dieser Gestalt auch schon fürs österreichische Fernsehen tätig.

Es ist rauszuhören: Die Bergwelt bedeutet Ihnen viel.
Ich bin schließlich in der Bergwelt rund um Salzburg aufgewachsen. Für meine Kumpel und mich waren die Berge der Spielplatz, das, was für Stadtkinder der Bolzplatz war.

Sind Sie noch heute passionierter Bergsteiger? Im Film kommen Sie in manchen Szenen ganz schön ins Schnaufen.
Ich bin kein Bergsteiger, sondern Bergwanderer. Das ist ein großer Unterschied. Klettern ist eine Herausforderung, das habe ich für die Doku zum ersten Mal gemacht. Und selbst da nur gemäßigt und mit Unterstützung von erfahrenen Bergführern.

Vernünftig. Aber es gibt Flachländer, die die Sache leichtsinnig ohne Kondition und mit falscher Ausrüstung angehen, was dann oft zu Unfällen führt.
Früher verging eigentlich kein Jahr, bei dem nicht irgendjemand, den ich kannte, in den Bergen verletzt wurde oder gar umkam. Heutzutage sind die Bergsteiger fast immer gut trainiert und sehr gut ausgerüstet. Die meisten Unfälle passieren den Laien. Denen, die in Badeschlappen mit der Bergbahn hochfahren und dann meinen, doch ein paar Schritte am Grat entlang durch den Schnee gehen zu müssen. Ein falscher Schritt reicht — und schon ist es passiert.

Kannten Sie all die Filme, deren Drehorte Sie in „Drama am Gipfel“ besuchen?
Ja, sicher. Damit sind Kindheitserinnerungen verbunden. Was für Flachländer vermutlich der Western war, war für uns der Bergfilm. Abenteuer pur. Luis Trenker und seine Geschichten haben samstagnachmittags zum Pflichtprogramm gehört. Mein absoluter Lieblingsfilm ist „Der Berg ruft“, den er 1938 gedreht hat. Es geht um die Erstbesteigung des Matterhorns. Der Film ist an Dramatik kaum zu überbieten. Dazu die ausdrucksstarke Bildsprache — und die Tatsache, dass nichts im Studio entstanden ist, dass sich die Akteure auch die gefährlichsten Hänge hinabwagten. Das wäre heute gar nicht mehr möglich, da würden schon die Versicherungen nicht mitspielen.

Können Sie verstehen, dass es manche Menschen nicht auf die Gipfel zieht?
Ich persönlich musste schon als Kind mal raus aus dem Tal. Meinen Horizont erweitern. Auf sicheren Wegen wohlgemerkt. Aber ich kenne Bergdorf-Bewohner, die zwar wissen, wie welcher Berg heißt, aber aus Respekt lieber unten bleiben. Für manche Menschen stellen Berge auch eine Art Bedrohung dar. Die Menschen haben ja über Jahrhunderte quasi einen Kampf gegen die Berge geführt. Es ging ums Überleben. Sie stellen in „Drama am Gipfel“ auch die Frage, wie die Filme die Bergwelt beeinflusst haben, was geblieben ist.

Glauben Sie, dass Sie zur Förderung des Bergwelt- Tourismus beigetragen haben?
Wir haben die Dreharbeiten der extremen Bergfilme näher beleuchtet. Aber ich glaube, dass auch sie zu dieser Aufbruchstimmung, in die Berge zu gehen, sie in ihrer Schönheit zu erkennen und als Erlebniswelt wahrzunehmen, beigetragen haben. Einen größeren Anteil daran hatten aber sicher unterhaltsame Filme wie „Heidi“.

War es gut, die Touristen zu locken?
Was konnte man in abgelegenen Gebieten wie dem hintersten Pitztal anderes machen, als auf den Tourismus zu setzen? Das war und ist die einzige Chance, wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Sonst hätten die Menschen die Täler verlassen oder pendeln müssen. Es artet aber an manchen Stellen aus. Andererseits gibt es so faszinierende Gemeinden wie Zermatt, die sich aufgrund des Massentourismus zur autofreien Zone erklärt haben. Ab dem Ortseingang geht’s nur mit Elektrofahrzeugen oder zu Fuß weiter.

Hat in den Tourismusgebieten somit ein Umdenken eingesetzt?
Leider noch längst nicht überall. Man sieht es ja jedes Frühjahr und jeden Herbst, welche Fehler durch Landund Forstwirtschaft und Bebauung begangen werden. Es ist halt wie immer im Leben, alles hat zwei Seiten. Ich hoffe und glaube, dass sich bald die Erkenntnis durchsetzt, dass man die einzigartige Bergwelt unbedingt schützen und erhalten muss — sonst kommen ja irgendwann die Leute nicht mehr.

Haben die Dreharbeiten Ihre Wanderlust angeregt?
Auf jeden Fall.

Sind Ihnen Berge lieber als das Meer?
Ich hätte am liebsten beides.

Harald Krassnitzer
Am 10. September 1960 in Salzburg geboren. Nach der Ausbildung an der Elisabethbühne in Salzburg spielt er in Graz, Wien und Saarbrücken Theater. Seit 1995 ist Harald Krassnitzer vorwiegend fürs Fernsehen tätig („Der Bergdoktor“, „Der Winzerkönig“). Als Kommissar Eisner ermittelt er im „Tatort“ in Österreich. Er ist bekennender Sozialdemokrat und engagiert sich für das Hilfswerk Austria, einen der größten österreichischen Anbieter sozialer Dienstleistungen. Er ist mit Kollegin Ann- Kathrin Kramer verheiratet und lebt in Wuppertal und Tirol.

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