Vom Luxus des Autoreisens
St. Moritz - Früher, in den 20er Jahren, war die amerikanische und europäische Automobilkultur fester Bestandteil der Berichterstattung in den Feuilletons der Zeitungen. Häufiges Thema: Automobilausflüge, die sorglos und weitgehend unkritisch in schillernden Farben geschildert wurden. Irgendwann ist das Auto als genussvolles Reisemittel aus der Mode gekommen - man bucht heute eher ein Flugzeugticket als sich hinters Steuer zu setzen, um an seinen Urlaubsort zu kommen. Doch nun gibt’s eine Renaissance der Autoreisen. In Ludwigsburg, 9.11 Uhr (wann sonst?), steigen die Teilnehmer der Alpentour des Porsche Travel Club in das Dutzend ordentlich aufgereihter 911er.
Die Porsche-Ikone hat, wie Kenner wissen, 2013 ihr 50-Jahr-Jubiläum. Und was soll man sagen? Als Porsche-Neuling erlebt man den für diese Ausfahrt bereitgestellten Sportwagen als Erweiterung des eigenen Körpers ins Technische, Maschinelle, als eine Art Geschwindigkeitsmantel auf Zeit. Natürlich kann man den Standpunkt vertreten, dass ein solcher Ausflug unnötiger, elitärer Luxus ist und es verwerflich sei, sich daran zu freuen. Aber ganz ehrlich: Es ist herrlich, mit einem solchen Kraftpaket unterwegs zu sein. Auch wenn es regnet wie an diesem ersten Tour-Tag.
Ruhestand auf der Überholspur
So ist es auch wenig verwunderlich, dass Menschen aus der ganzen Welt zur baden-württembergischen Sportwagenschmiede pilgern, um diese Top-Produkte deutscher Ingenieurskunst auf deutschen Autobahnen und serpentinenreichen Bergpass-Straßen auszuprobieren. Da sind zum Beispiel Susan und Trevor Passmore aus England, jetzt in der Nähe von Chicago im US-Bundesstaat Wisconsin lebend. Trevor Passmore war im Berufsleben ein international tätiger Ingenieur. Den Ruhestand verbringt der humorvolle Rentner nun gerne auf der Überholspur. Zu Hause, so berichtet er, habe er einen 911er 4 S und einen Boxster S in der Garage. Einen weiteren 911er habe er kürzlich in Zuffenhausen geordert, „wissen Sie, bei uns kann man solche Autos nicht ausfahren, deshalb freue ich mich auf den Trip.“ Danach stehen noch die Tour de France und Familienbesuche in Großbritannien auf dem Europaprogramm des unternehmungslustigen Ehepaars.
Bei der am Morgen vorausgegangenen Instruktion werden die Teilnehmer aber erst einmal von den beiden Porsche-Reiseleitern Axel Urban und Gregor Kempf, die bei der Tour vorweg fahren, eingebremst: „Wir fahren in zwei Konvois. Bitte genügend Abstand zum Vordermann halten, nicht innerhalb der Konvois überholen, Tempolimits einhalten.“ Mit Walkie-Talkie-Geräten kann mit den Reiseleitern Kontakt gehalten werden - falls doch mal einer der Teilnehmer eine Ausfahrt verpassen sollte. „The German Autobahn“, die deutsche Autobahn, hat auch den Kanadier Matt Alliston hierher gelockt.
Der 36-Jährige aus Vancouver, der sich beruflich mit Polymer-Beschichtungen von Pipelines und großen Schiffen beschäftigt, ist normalerweise am liebsten auf seinem Motorrad unterwegs und widmet sich privat der Elchjagd. Er ist zum zweiten Mal in seinem Leben in Deutschland, vor der Alpen-Ausfahrt hat er sich in Frankreich das 24-Stunden-Rennen von Le Mans angeschaut. Alliston ist deshalb - aber nur ganz kurz - ein bisschen enttäuscht, dass man bei der Tour nicht den Sport-PlusModus benutzen darf, weil, so erklärt Instruktor Axel Urban, ansonsten der Bremskraftverstärker ausgeschaltet sei, „diesen Button braucht man nur bei Rennen.“ Ganz klar: Sicherheit und Rücksichtnahme gehen vor.
In 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h
Unterwegs nimmt die Begeisterung der Teilnehmer sichtlich an Fahrt auf, beim Mittagessen in der Alten Rheinmühle in Büsingen direkt am Rheinufer werden mit leuchtenden Augen erste Erfahrungen und technische Details diskutiert: Der 911er mit PDK (Porschedoppelkupplungsgetriebe) schafft es in 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h, er hat 350 PS, Höchstgeschwindigkeit 287 km/h, das Einstiegsmodell kostet etwa so viel wie eine Mini-Eigentumswohnung.
Achteinhalb Liter Kraftstoff reichen bei Überlandfahrten für 100 Kilometer, an Ampeln und bei sonstigen Stopps schaltet der Motor brav umweltschonend aus - und springt sofort wieder an, sobald man vom Bremspedal geht. Eine der wenigen Frauen, die auf dieser Tour das durchtrainierte Rennpferdchen selbst lenken, ist die Zahnärztin Anja Heiß, 37, aus Koblenz, die mit ihrem Lebenspartner Markus Keiner, 45, ebenfalls Zahnarzt und 911er-Besitzer, mitgekommen ist, „weil wir gerne Gleichgesinnte kennenlernen möchten“. Die haben spätestens am Ende der ersten Tagesetappe beim Abendessen im Hotel Kempinski in St. Moritz zueinandergefunden, es wird gescherzt und gelacht. Spät wird es nicht, denn die Strecke über Frauenfeld, Chur und den Julierpass mit ihren teils engen Kurven erfordert Konzentration - das macht müde. Am nächsten Morgen geht es über den Ofenpass weiter Richtung Meran nach Südtirol. Abfahrt ist um 9.11 Uhr, versteht sich.
Blauer Himmel, Autoreise-Kaiserwetter. Inzwischen, auf Betriebstemperatur, kann man sich den Möglichkeiten des 911ers ohne Scheu nähern: Kein Problem, auch bei höherer Geschwindigkeit offen zu fahren, draußen riecht es abwechselnd nach frischem Heu, nach kühlen Gebirgsflüsschen, nach sonnenheißer Landstraße. Und der dunkelsatte Sound des Sechszylinders, dessen Power man deutlich hören kann, unterscheidet sich doch erheblich von dem eines handelsüblichen Normalverdiener-Autos.
Nach der Mittagspause in Meran die Weiterfahrt über anspruchsvolle Passstraßen und durch Tirol nach Elmau, am dritten und letzten Tag dann durch das Allgäu und zurück ins Porsche-Vertriebszentrum nach Ludwigsburg. Am Ende der Tour wundert man sich überhaupt nicht mehr, wieso auch bei vielen jungen chinesischen Touristen die Ausfahrten großen Anklang finden. „Die Deutschen können einfach die besten Autos bauen“, sagt einer der Teilnehmer. Recht hat er.
So wird das Reisewetter in Europa
Porsche Travel Club
Die Ausfahrten des Porsche Travel Clubs sind zu finden über die Porsche-Website, www.porsche.com bzw. www.porsche.com
Infos und Buchung: Porsche Travel Club, über Airtours, eine Marke der TUI Deutschland GmbH, Telefon 0711 / 911-2 33 60.
Ausfahrten
2013 gibt es noch Plätze bei folgenden Touren: Porsche Weekend Schwarzwald, 17./18. August, Alpentour, 7.-9. September, Porsche Weekend Dresden/Sächsische Schweiz, 5.-6. Oktober, Porsche Tour Toskana, 2.-6. Oktober und 7.-11. Oktober, Porsche Adventure-Tour Marokko, 11.-15.Oktober, 16.-20. Oktober, 21.-25. Oktober und 26.-30. Oktober.
Beispiel Alpentour: 3 Tage Erlebnisfahrt im zur Verfügung gestellten Porsche (2 Personen pro Fahrzeug), Kategorie Classic Luxury, 1 ÜF im Kempinski Grand Hotel in St. Moritz, 1 ÜF im Schloss Elmau Luxury Spa & Cultural Hideaway, 3 Mittagessen, 2 Abendessen, 2150 Euro pro Person im DZ, 2290 Euro im EZ.
Rahmenbedingungen
Geführte Konvois, Reisebegleitung in verschiedenen Sprachen, mindestens zehn, maximal 20 Teilnehmer.
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