Und wo bleiben die Eisbären?

Eine Nacht in einem Iglu ist abenteuerlich und eine Herausforderung für die ganze Familie.
Arno Makowsky |
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Reden wir nicht drum herum: Es ist kalt. Ziemlich kalt, genauer gesagt: minus 2 Grad. Moritz (7) rollt den Polarschlafsack aus und fragt: „Bleibt das den ganzen Abend so kalt?“ Natürlich nicht, sagt die Mutter mit beruhigender Stimme und setzt dem Kind die Wollmütze auf. „Im Schlafsack ist es dann wärmer.“ Aber so weit sind wir noch lange nicht, und in Wahrheit ist die Kälte natürlich nicht das Problem, sondern ein Teil des Spaßes. Schließlich sind wir im Iglu-Dorf auf der Zugspitze, ein paar Hundert Meter vom Bergrestaurant Sonnalpin entfernt, und wir haben uns mental seit Wochen darauf vorbereitet, dass es im Iglu alles ist, nur eines nicht: warm. Die letzte Zahnradbahn ins Tal ist längst weg, und auch Deutschlands steilste Gondelbahn auf Deutschlands höchsten Berg (die Fahrt ist ein Fall für hartgesottene Alpenfreaks) schläft im Depot. Wir: draußen. Bei minus 2 Grad. Oder drinnen. Auch bei minus 2 Grad.

Der Sternenhimmel beeindruckt sogar die Kinder

Jetzt mal locker bleiben, Freunde, wir machen erst mal einen Spaziergang rüber zur höchsten Kapelle Bayerns, da kommt das Blut in Wallung, und nachher gibt’s Käsefondue. Unsere Betreuerin Helena vom Iglu-Team ist super drauf, und auch Johannes und Athene („Ist der Weißwein wieder aufgetaut?“) haben nur gute Sprüche auf Lager: „Leute, vor zwei Wochen hatte es hier minus 20 Grad, dagegen ist das nichts!“ Es ist eine Truppe von etwa 30 Leuten, die sich in ihren Iglus gleich häuslich einrichtet. Wir sind zu viert in unserem Standard-Iglu, neben Moritz hat auch Arthur (6) gerade seine Grubenlampe um den Kopf geschnallt, um die Umgebung zu erkunden. Das Familien- Iglu ist mit einer soliden Isomatte und einem Schaffell ausgestattet; auf der Liegefläche hält man es auch ohne Schlafsack aus. Eigentlich ist es sogar gemütlich, finden die Eltern, auf jeden Fall aber abenteuerlich. Arthur möchte wissen, ob es hier Eisbären gibt und er zur Sicherheit sein neues Taschenmesser mitnehmen soll. So ein Quatsch, die gibt’s hier auf keinen Fall, sagt der Bruder. „Oder, Papa?“ Im Iglu-Dorf stehen nicht einfach mehrere Iglus nebeneinander in der Landschaft, alle Räume liegen unter einem riesigen Schneeberg und sind mit Gängen verbunden. Wirklich eine Art Hotel aus Eis und Schnee – eine faszinierende Konstruktion, die spätestens im Mai abtaut und komplett verschwindet. Was ein Jammer ist. Denn die Iglus wurden nicht nur solide gebaut, sondern künstlerisch veredelt: hier eine Meerjungfrau mit eisigem Busen, dort Fische, Zwerge, Sagengestalten – ein Bett in Form einer geöffneten Muschel. Beeindruckend, was sich die Eis-Bildhauer ausgedacht und perfekt arrangiert haben.

Für verliebte Pärchen gibt es Romantik-Iglus

Die Übernachtung in einem Kunst-Iglu ist natürlich teurer als in der profanen Standardvariante. Ein sehr junges, sehr verliebtes Pärchen aus Würzburg leistet sich trotzdem eines der schönsten „Romantik- Iglus“, in denen schon eine Flasche Piccolo und Eiskonfekt bereitstehen. Der Doppelschlafsack ist noch eingerollt. Sie sagt: „Ich find’s dodal romandisch!“ Er: „Ich auch.“ Schon duftet es nach Käsefondue; wir gehen für einen Augenblick raus. Die Sonne ist fast untergegangen, ein rötlicher Schimmer liegt über den Alpen. Alles ist ruhig. Wir setzen uns in die Liegestühle neben der Iglu-Bar und schauen in den Himmel. Langsam ziehen die Sterne auf. Selbst die Kinder, die sich für Sterne nur in Form von „Star Wars“- Sammelkarten interessieren, sind beeindruckt. Zum Fondue sitzt die ganze Crew zusammen. Man wärmt sich an Alpen-Anekdoten und am heißen Tee. Und wem danach immer noch kühl ist, geht raus zum Action-Event: auf Poporutschern einen kleinen Berg runterdüsen. Das macht Spaß, aber beim Aufstieg keuchen wir ziemlich – auf 2900 Metern ist die Luft merklich dünner. Die Buben sind danach komplett erledigt und bereit für den Polarschlafsack. (Vermutlich würden sie aber auch ohne Schlafsack nicht frieren: Ihre Mutter hat sie angezogen, als gingen sie auf eine Antarktis-Expedition.) Und die Erwachsenen? Außer Schlafen gibt es zwei Möglichkeiten: Man setzt sich an die Bar und steigt von Tee auf Glühwein um. Oder man genießt den 40 Grad heißen Whirlpool. Draußen, mit Blick zu den Sternen und der Aussicht auf eine Nacht im Eisbett. Und dem guten Gefühl, dass es morgen ein Frühstück im beheizten Bergrestaurant gibt.


Anreise
Das Iglu-Dorf liegt auf dem Zugspitz-Gletscher und ist mit der Zahnradbahn (von Garmisch aus) oder mit der Seilbahn (vom Eibsee) zu erreichen. Die Tageskarte für die Seilbahn kostet 39 Euro (Erwachsene) oder 21,50 Euro (Kinder) und berechtigt auch zum Skifahren am nächsten Tag im Zugspitz- Gebiet.

Übernachtung
Die Übernachtung im Iglu kostet am Wochenende pro Person zwischen 99 Euro (Standard) und 199 Euro („Romantik plus“ mit kunstvollem Design und eigenem WC). Am Wochenende ist es teurer. Im Preis enthalten sind Abendessen (Käsefondue) und Frühstück. Auch der Polarschlafsack wird gestellt.

Informationen unter www.iglu-dorf.com.

Familien
Für Kinder ab etwa sechs Jahren ist das Iglu-Dorf geeignet. Warme Kleidung ist wichtig; im Iglu herrschen normalerweise Temperaturen um den Gefrierpunkt. Es kann aber auch kälter werden.

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